Ein deutscher Militäreinsatz in Syrien?Wipperfürth, Dr. Christian © russland.tv

Ein deutscher Militäreinsatz in Syrien?

Die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP) berät die Bundesregierung in außenpolitischen Fragen, sie wird aus dem Etat des Bundeskanzleramts finanziert. Autoren der SWP haben diskutiert, ob ein möglicher deutscher Militäreinsatz in Syrien sinnvoll sei und wie er völkerrechtlich beurteilt werden müsste.

Im Herbst 2018 diskutierten deutsche Politiker, ob sich die Bundesrepublik aktiv an einem Militäreinsatz in Syrien beteiligen sollte. Die Verteidigungsministerin befürwortete grundsätzlich einen Bundeswehreinsatz, die Kanzlerin wollte ihn nicht ausschließen. Im Gegensatz etwa zur SPD.

Das Thema wurde aktuell, weil eine Offensive syrischer Regierungstruppen in der Provinz Idlib erwartet wurde, womöglich mit dem Einsatz von Chemiewaffen wie im Westen mitunter vermutet wurde. Russland und die Türkei vereinbarten jedoch, eine demilitarisierte Zone in der Region zu schaffen, sodass größere Kampfhandlungen um Idlib ausblieben. Zudem trafen sich Ende Oktober die Staats- bzw. Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Türkei in Istanbul. Diese Signale der Entspannung haben die Frage, ob eine internationale Anti-Assad-Koalition direkt und verstärkt militärisch eingreifen sollte, aber eher aufgeschoben als aufgehoben. Früher oder später wird vermutlich erneut über eine deutsche Beteiligung an einem solchen Eingreifen debattiert werden.

Denn: Der Waffenstillstand um Idlib ist labil und gefährdet, viele Fragen sind nicht geklärt, sowohl die Regierung als auch Rebellengruppen könnten das Abkommen aushebeln wollen.

Unter welchen Voraussetzungen könnte eine deutsche Beteiligung an einem militärischen Einsatz in Syrien statthaft und sinnvoll sein? Die SWP-Autoren betonen: Es müsse geklärt werden, welche Vor­aussetzungen eine solche Operation erfüllen müsste, um völkerrechts- und grund­gesetzkonform zu sein. Vor allem solle sich die deutsche Politik damit auseinandersetzen, welches Ziel der Einsatz hätte, welcher Mitteleinsatz dazu erforderlich wäre und welche Wirkungen zu erwarten wären.

Die Autoren sind der Ansicht, dass ein US-geführter Militäreinsatz aller Voraussicht nach eher negative statt positive Effekte hätte. Und nicht zuletzt: Eine deutsche Beteiligung aus reiner Solidarität mit Verbündeten stünde im Zielkonflikt mit dem Erhalt einer regelbasierten internationalen Ordnung. Er wäre also schlicht völkerrechtswidrig.

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hatte zuletzt im Juni 2018 festgestellt, dass Angriffe amerikanischer, britischer und französischer Einheiten auf Ziele in Syrien das Völkerrecht verletzen. (Das Gutachten finden Sie hier.)

Muriel Asseburg, Markus Kaim, Ein deutscher Militäreinsatz in Syrien, Politische Ziele, Umsetzbarkeit, rechtliche Voraussetzungen, Effekte, SWP-Aktuell 2018/A 54, Oktober 2018, 4 Seiten

COMMENTS

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    Horst Beger 5 Jahren

    Dass die Verteidigungsministerin der Bundesregierung „grundsätzlich auch einen Bundeswehreinsatz in Syrien befürwortet“ zeigt, dass diese über den pathologischen preußischen Militarismus nicht hinaus gekommen ist, den Theodor Fontane schon im 18. Jahrhundert als „die niedrigste Kulturform, die je dagewesen ist“ gezeichnete.

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    Horst Beger 5 Jahren

    Das „christliche“ Abendland hat ja schon im Jahr 1099 einmal einen militärischen Einsatz in Syrien geleistet. Damals hatte Papst Urban II. im ersten Kreuzzug zum „heiligen Krieg“ gegen die „Muselmänner“ aufgerufen, die die heiligen Stätten der Christenheit in Palästina und Syrien (!) besetzt hätten. Eigentliches Ziel des Papstes war jedoch, Byzanz und die Orthodoxie durch eine politisch-militärische Aktion in ein Bündnis mit dem Papsttum zu bringen. Das gelang jedoch erst mit der Zerstörung von Konstantinopel, dem („II. Rom“) im Jahr 1204 mit dem vierten Kreuzzug und der zeitweisen Errichtung eines „Lateinischen Kaiserreiches“ in Konstantinopel. Und Papst Innozenz III. pries dies im Nachhinein „als Beginn der Widervereinigung Roms mit der Ostkirche. Nachdem Rom in Byzanz damit nicht weiter kam, wendete sich das Interesse des Papsttum nach Nordosten, wo sich in Russland das „III. Rom“ entwickelte. Und Papst Gregor IX. rief 1237 die Schweden zu einem „Kreuzzug“ gegen die „finnischen Abtrünnigen“ auf, die sich mit „Hilfe des Teufels“ orthodox hatten taufen lassen.
    Zurück zur Gegenwart und dem „Kreuzzug der NATO und des Westens gegen Russland“, wie russische Stimmen die Aufrüstung der NATO „wegen Russland“ bezeichnen. Und unsere „Verteidigungsministerin“ hat sich an die Spitze dieser Bewegung gestellt. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass diese Häretikerin „grundsätzlich auch einen Einsatz in Syrien befürwortet.“