Die EU verabschiedet sich aus der WeltpolitikRahr, Prof. Alexander © russlandkontrovers

Die EU verabschiedet sich aus der Weltpolitik

Es bleibt alles wie gehabt. Leider. Der Westen verstärkt nur seine Bemühungen, Russlands einzudämmen. Er macht Russland für alle Sünden der Welt verantwortlich. Russland indessen rückt von der Idee einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsarchitektur ab und orientiert sich nach Asien.

Der Informationskrieg erfährt eine permanente Steigerung, die Anzahl der Konfliktfelder in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen kann man kaum mehr zählen. Die Entfremdung schreitet unaufhörlich voran.

Das ist die bittere Quintessenz aus den 21. Schlangenbader Gesprächen, der jährlich tagenden Runde deutscher und russischer Experten. Am Konferenztisch flogen die Fetzen, abends wurden die Gemüter gerade noch mit gutem hessischen Wein besänftigt.

Eine tragische Erkenntnis: In der neuen Bundesregierung gibt es niemanden mehr, der das Brandtsche Erbe der Ostpolitik aufrechterhält. Der neue Bundesaußenminister Heiko Maas hat sich davon distanziert. Dem Juristen fehlt es völlig an historischem Verständnis der Rolle Russlands in Europa. Er lässt sich von seinen transatlantischen Kollegen in eine harte Politik gegenüber Russland einbinden, anstatt auf die warnenden Rufe im Präsidium seiner eigenen Partei zu hören. Schade.

Bundeskanzlerin Angela Merkel musste bei ihrem Washington-Besuch erfahren, was der zügellose US-Präsident unter Bündnistreue im Verhältnis zu Europa versteht: Bedingungslose Anerkennung von Amerika-First.

Merkels Aussagen wie „Wenn ich Fragen habe, darf ich fragen“, „Es gibt eine große Übereinstimmung in der Ablehnung Russland“ oder „Beim Iran-Deal muss doch nachgebessert werden“ kann man nur mit Kopfschütteln quittieren. Wo bleibt die eigene Gestaltungskraft Europas?

Zur Ehrenrettung der Kanzlerin sei gesagt, dass der Franzose Macron auch kein besseres Bild abgab. Außer Händchen-Halten mit dem Oberhäuptling für Europa erreichte er nichts.

Dabei muss die EU mit den Amerikanern dringend über eine gemeinsame Strategie in der Weltpolitik reden, ja verhandeln. Der Handelskrieg ist nur eines der Probleme.

Die gesamte außenpolitische EU Strategie scheint derzeit zu sein, den Zwist mit den Amerikanern in Wirtschaft-und Werte-Fragen nicht weiter zu befeuern. Wo bleibt ein strategisches Bekenntnis zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung für Europa? Vorangegangene Politiker-Generationen waren da weiter.

Entweder fehlt gegenwärtigen Entscheidungsträgern der Esprit, oder sie haben sich verlaufen. Ein anderer Grund für die Strategielosigkeit mag die innere Zerrissenheit der EU sein, die mit allen Mitteln übertüncht wird.

Wenn alles so weitergeht, verabschiedet sich die EU aus der Weltpolitik.

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