Endlich Frieden?

[von Prof. Alexander Rahr] Endlich ist es soweit. Endlich kommt der Ukraine-Krieg einem Frieden näher. Endlich Diplomatie statt Waffen. In der Weltöffentlichkeit herrscht, seitdem das anstehende Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin auf Alaska bekannt wurde, vorsichtiger Optimismus. Die Welt ist kriegsmüde. Doch in Deutschland wird das Treffen zerredet: Putin hätte Trump an der Nase herumgeführt. Deutschland will offenbar keinen Frieden, sondern hofft weiter auf einen militärischen Sieg der Ukraine gegen Russland mit Hilfe westlicher Waffen.

Vor genau 50 Jahren wurde durch den gemeinsamen Weltraumflug Apollo-Sojus der Wettkampf im All friedlich beigelegt. Seitdem kooperieren die Weltraumnationen USA und Russland wieder eng miteinander; diese Zusammenarbeit blieb auch während des Krieges in der Ukraine bestehen. Erst vor wenigen Tagen flog ein russischer Kosmonaut mit der amerikanischen Dragon-Rakete zur Weltraumstation ISS.

Anders als die demokratischen US-Präsidenten Obama und Biden setzt der Republikaner Trump nicht auf eine geopolitische Eindämmung Russlands, sondern auf eine Partnerschaft. Er will nicht, dass Russland zum Militärverbündeten Chinas wird. Trumps diplomatische Friedensbemühungen scheinen Erfolg zu haben; abgelehnt werden sie jedoch von den Europäern, für die Trump weiterhin der „falsche Präsident“ in Amerika ist und Putin ein Paria. Die Europäer folgen ausschliesslich der moralischen Leitlinie einer „werteorientierten Aussenpolitik“, die jedoch weder in der Ukraine, noch im Gaza-Krieg funktioniert.

In Alaska wird es um zwei grosse Probleme gehen, die Vereinbarung eines Waffenstillstandes dürfte nicht das wesentliche Problem sein. Russland und die Ukraine werden Sicherheitsgarantien fordern: die Russen wollen jegliche NATO Erweiterung auf postsowjetisches Territorium für alle Ewigkeiten stoppen, die Ukrainer fordern militärischen Beistand. Ein temporärer Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft wird Russland nicht reichen. Trumps Lösung: die Ukraine (ohne Ostukraine) wird Protektorat der EU. Moskau könnte das akzeptieren.

Das zweite, noch grössere Problem in Alaska, sind maximalistische Territorialforderungen. Russland wird die seit 2014 und 2022 besetzten Gebiete der Ukraine nicht abgeben, im Gegenteil, sie werden in den russischen Staatsverband inkorporiert. Der Trump-Putin Plan sieht vor, dass Russland diese Gebiete für 50 oder 100 Jahre zugesprochen werden, danach aber über sie neu verhandelt werden muss. Damit rückt die Nordzypern Lösung in den Bereich des Möglichen. Frieden wird durch eine juristische Nichtanerkennung von eroberten Gebieten erreicht, faktisch das Problem auf nachfolgende Generationen übertragen. In der Zwischenzeit soll die kriegsgeschundene Ukraine wieder mit internationaler Hilfe aufgebaut werden, wobei die EU für die Westukraine, Russland (und China) für die Reparationen in der Ostukraine zuständig sein werden.

Die Ukraine dürfte dieser Lösung unter dem Druck der USA zustimmen. Wobei Präsident Selensky die Entscheidung mit Präsidentschaftswahlen verknüpfen könnte, um sich die Unterstützung dafür aus der Bevölkerung zu holen. Wie kriegsmüde die ukrainische Bevölkerung heute ist, ist schwer zu beurteilen.

Putin wird offensichtlich auch Zugeständnisse machen müssen, auf den völligen Anschluss der beiden Gebiete Saporoschje und Cherson an Russland um des Friedens Willen verzichten, vermutlich wird Moskau aber diese Gebietsansprüche nicht aufgeben.

Als Zugewinn für Russland wird Putin nicht nur die eroberten Gebiete der Ostukraine als Puffer gegen den Westen bekommen, sondern wahrscheinlich auch eine Lockerung der US-Sanktionen, vor allem im Finanzwesen. Eine Zusammenarbeit der Amerikaner und Russen im Rohstoffbereich ist möglich.

Man wird nicht überrascht sein, wenn man im Nachhinein erfahren wird, dass die Friedenslösung für Alaska auch unter chinesischem Druck zustande kam. China wollte sich dem Ultimatum Trumps, den Handel mit Moskau sofort zu beenden, nicht beugen; andererseits scheute Beijing aber einen grossen Handelskrieg mit den USA.

Die Europäer werden beim Gipfel in Alaska aussen vor sein – ein Schock für Brüssel, Berlin, London und Paris. Die EU-Länder werden sich dem Friedensdiktat der Amerikaner traditionell fügen müssen. Aber werden die Europäer jetzt auf ihre Waffenlieferungen an die Ukraine verzichten? Womöglich haben die Europäer auch keine andere Wahl, ausser der geschwächten Ukraine mit eigenen militärischen Kräften zu Hilfe zu eilen, was die Gefahr einer direkten Verwicklung in einen Krieg mit der Atommacht Russland bedeutet.

Nach dem Gipfel in Alaska beginnt die eigentliche Phase der schweren Konfliktlösung. Europa braucht eine neue und verlässliche Sicherheitsarchitektur. Diese entsteht nur im Zusammenwirken mit den USA und Russland. Die künftige Friedensordnung könnte auf dem Prinzip der Abschreckung entstehen. Möglich wären aber auch vorsichtige Ansätze einer Abrüstung- und Entspannungspolitik, aber das geht nur über gegenseitiges Vertrauen.

Die USA als Weltmacht geben hier den Weg vor. Trump hat es geschafft, was weder Moskau noch Brüssel erreichen konnten: einen Friedensvertrag zwischen den verfeindeten Ländern Armenien und Aserbaidschan. Statt Trump ständig zu kritisieren, sollten sich die Europäer eine Scheibe von der amerikanischen Diplomatiekunst abschneiden. Wir leben in einer multipolaren Welt, dort entstehen neue Gesetze.

Politiker und Medien in der EU werden versuchen, den Gipfel herunterzuspielen, ihn vielleicht nicht stattfinden zu lassen, indem man Selenski zum Weiterkämpfen animiert, ohne Rücksicht auf die schwerwiegenden Verluste, die die Ukraine erleidet und noch erleiden wird. Das ist eine völlig verantwortungslose und vor allem realitätsfremde Politik, die bei früheren Politikergenerationen in Europa undenkbar gewesen wäre.

COMMENTS

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    Horst Beger 2 Monaten

    Mit Selenski wird es keinen Frieden geben, denn die Ukraine wird nicht von Ukrainern regiert, sondern von Schacherern und Faschisten, denen das Leben der Ukrainer/innen gleichgültig ist, und russische Bekannte in der Ukraine bezeichnen Selenski als „Satan“. Unseren Politikern/innen scheint scheint das ebenfalls gleichgültig zu sein, denn „den Teufel spürt das Völkchen nie, selbst wenn es am Kragen hätte“, heißt es in Goethes „Faust“. Frieden wird es in der Ukraine daher nur geben, wenn Realisten darüber entscheiden.

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    Horst Beger 2 Monaten

    Wenn der Alaska-Gipfel scheitert, dann nicht an Trump oder Putin, sondern an dem katholischen Deutschland und Europa, die den jahrhundertealten Kulturkampf des westlichen (römischen) Christentums gegen das östliche (russische) Christentum weiterführen, wie der amerikanische Politologe Samuel Huntington diesen in seinem Buch „Kampf der Kulturen“ von 1996 aufgezeigt hat. Darin hat er darauf hingewiesen, dass diese „Kulturgrenze“ auch die Ukraine in eine vom russischen Christentum geprägte Ostukraine und eine vom römischen Christentum beeinflusste Westukraine teilt, also ganz aktuell ist. Deshalb verteidigt Russland in dem Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland in der Ukraine nicht nur seine geostrategischen Interessen, sondern auch die
    christliche Russische Welt gegen die antichristliche Welt des Westens. Das verstehen Trump und die aufgeklärten Atheisten des Westens natürlich nicht, und die Antichristen leugnen das.

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