Ein jüngster Vorstoß Londons im Weltsicherheitsrat erleichtert Moskau unbeabsichtigt die Arbeit.
Russland stellt sich seit dem Sommer 2011 dem Westen in einigen zentralen weltpolitischen Fragen entgegen. Hierzu zählt nicht zuletzt Syrien. Dies lag v.a. an der westlichen Intervention in den libyschen Bürgerkrieg, den der Kreml trotz starker Bedenken zugelassen hatte. Libyen versinkt seither jedoch im Chaos. Die russische Bereitschaft, in weltpolitischen Fragen westlicher Führung zu folgen, war bereits zuvor mit dem Irakkrieg und der anhaltenden Unruhe in Afghanistan beträchtlich gesunken.
Der Kreml hatte für seine Rückendeckung der Führung in Damaskus daneben noch weitere Motive: Spätestens seit 2013 dominierten besonders radikale islamistische Extremisten den Kampf gegen Assad. Darunter waren tausende Bürger Russlands und Zentralasiens. Moskau wollte diese Kämpfer ausschalten, bevor sie womöglich wieder in ihre Heimat zurückkehrten. Daneben besitzt Russland z.B. Interesse an einem Marinestützpunkt an der syrischen Mittelmeerküste.
Der Kreml betrieb keine anti-westliche Fundamentalopposition, wie etwa das gemeinsame Vorgehen aller großen Staaten in der Nordkoreapolitik zeigt. Er verfocht eigene weltpolitische Überzeugungen seit dem Sommer 2011 jedoch deutlich nachdrücklicher als in den 20 Jahren zuvor.
Und inwiefern unterstützt Großbritannien nunmehr faktisch Russlands Syrienpolitik? – Genauer gesagt handelt es sich nicht nur um dieses Land, sondern auch um Frankreich, die USA – und Deutschland.
Ende Februar 2018 brachte Großbritannien einen Resolutionsentwurf in den Weltsicherheitsrat ein, in dem der Iran für seine Einmischung in den jemenitischen Bürgerkrieg verurteilt wurde. Saudi-Arabien, das direkt und massiv eingreift, wurde nicht erwähnt. In dem britischen Entwurf wurde die Absicht bekundet, Strafmaßnahmen zu verhängen, falls Teheran nicht von seiner Politik abrücke. Paris und Washington unterstützten London, Moskau aber legte hingegen sein Veto ein. Hiergegen protestierten die drei Westmächte gemeinsam mit Berlin.
Die USA verhalten sich gegenüber dem Iran seit dem Wechsel im Weißen Haus Anfang 2017 deutlich feindseliger als unter Präsident Obama. Russlands Rückendeckung gewinnt für Teheran darum beträchtlich an Bedeutung. Der westliche Vorstoß im Weltsicherheitsrat unterstreicht dies noch einmal.
Und dies hat massive Auswirkungen auf die Situation in Syrien: Russland und der Iran unterstützen zwar beide Assad, beide wollen den syrischen Staat in seinen jetzigen Grenzen erhalten. Moskau drängt aber auf eine Föderalisierung, um bspw. die Kurden besser einzubinden, sowie darauf, den säkularen Charakter Syriens in der Verfassung noch stärker zu verankern. Beides lehnen sowohl Assad als auch Teheran ab.
Eine anti-iranische Politik des Westens erhöht somit deutlich die Chance Moskaus, seine Vorstellungen in Syrien durchzusetzen, wozu bspw. London jüngst also wieder beigetragen hat.
Nun könnte man denken, das russische Veto im Weltsicherheitsrat habe die Beziehungen Moskaus mit Saudi-Arabien belastet. Dies ist jedoch nicht der Fall. Saudi-Arabien äußerte keine Kritik am russischen Vorgehen. Die einseitig pro-saudische Haltung des Westens im Jemenkonflikt war nicht einmal für Riad glaubwürdig. Moskau gilt im Königreich als schwieriger, aber doch berechenbarer Partner, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dies gilt sowohl in Bezug auf den Ölpreis, als auch Syrien oder etwa gemeinsame Wirtschaftsprojekte.
Der Kreml strebt an, zwischen dem Iran und Saudi-Arabien zu vermitteln. Die Chancen hierfür sind nicht schlecht. Russland gilt in beiden Ländern als handlungsfähiger und glaubwürdiger Akteur. Im Gegensatz zu anderen …
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