Das Fernsehen und die staatlichen Radiosender liegen auf offizieller Linie, daneben gibt es aber ein sehr vielfältiges und plurales Medienangebot in Russland – zum Schein?
Die bedeutenden Fernseh- und Radiosender, die in Staatseigentum sind, liegen in den zentralen Fragen durchweg auf Kremllinie. Der Beginn und annähernd die Hälfte fast jeder Nachrichtensendung im Fernsehen ist dem Präsidenten gewidmet. In politischen Diskussionsrunden, die in Russland sehr populär sind, kommen nicht selten abweichende Stimmen zu Wort, dies macht jedoch eher den Eindruck von Feigenblättern. Wer zahlt bestimmt den Tenor, also die Führung.
Der Kreml erklärt den großen Sendern und den bedeutenden gedruckten Medien regelmäßig, worüber und wie berichtet werden soll. Mitunter, aber selten, wird auch Druck ausgeübt. Journalisten, die kremlkritisch berichten wollen, haben keine Chance. Viele Journalisten haben kein Problem mit den Leitlinien ihrer Arbeit, andere passen sich an. Sie wissen, welche Themen wie bearbeitet werden sollen, um ihre Stellung nicht zu gefährden oder wenn sie Karriere machen wollen.
Daneben gibt es unabhängige Qualitätszeitungen. Stellvertretend kann man „Vedomosti“ nennen. Die gedruckte Auflage liegt deutlich unter 100.000, Vedomosti verfügt aber zudem über einen inhaltsreichen Internetauftritt . Vom Anspruch und von der Ausrichtung ist Vedomosti in Deutschland wohl mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vergleichbar.
Zudem sollte der Radiokanal „Echo Moskwy“ erwähnt werden, der von dutzenden Millionen Menschen empfangen werden kann. Er wird auch regelmäßig von mehreren Millionen Hörern verfolgt. Echo Moskwy ist tendenziell eher kremlkritisch, die Berichte und Diskussionspartner decken aber das gesamte politische Spektrum ab. So kooperiert der Sender in einem kleinen, aber regelmäßig erscheinenden Format einerseits mit dem russischen Verteidigungsministerium, andererseits kommen häufig Kritiker der offiziellen Politik zu Wort. Die Internetseite wurde nach Angaben des Senders im Jahr 2014 deutlich über 100 Millionen mal monatlich aufgerufen . Diese Zahl könnte mittlerweile noch deutlich höher liegen.
Selbst das große Medium Echo Moskwy benötigt aber einen Sponsor, in diesem Fall handelt es sich um „Gazprom“. Indirekt finanziert der Kreml über den Gaskonzern, der sich überwiegend in Staatsbesitz befindet, faktisch also seinen Kritikern ein Podium. Es gab wiederholt Versuche von außen, den Sender auf Linie zu bringen, letztlich hat sich der Kreml bislang aber immer dazu entschlossen, die unabhängige Berichterstattung von Echo Moskwy zu decken.
Neben den großen Medien von russlandweiter Bedeutung gibt es eine ungewöhnlich große Vielfalt weiterer Informationsquellen. In dutzenden der bedeutenden Provinzstädte erscheinen meist nicht nur zwei oder drei, sondern fünf, sieben oder gar mehr verschiedene Zeitungen. Sie sind in aller Regel finanziert durch staatliche Stellen wie das „Bundesland“ (Republik bzw. Oblast) oder die Stadt. Hinter anderen steht ein Unternehmen. Die Medien packen durchaus mitunter heiße Eisen an, Unabhängigkeit sieht gleichwohl anders aus. Andererseits: Falls sich die insbesondere staatlichen Geldgeber zurückzögen, müssten die meisten Medien Russlands ihr Erscheinen einstellen. Die Kaufkraft der Bürger ist zu gering und der Werbemarkt ist zu klein, um so vielen Medien eine finanzielle Grundlage bereitstellen zu können.
Das Thema soziale Netzwerke und Internetseiten, die eine große und rasch wachsende Bedeutung besitzen, stelle ich an dieser Stelle erst einmal zurück. Mit einer Ausnahme, der Seite www.inosmi.ru. Sie wird aus dem russischen Staatshaushalt finanziert und veröffentlicht täglich zahlreiche ins Russische übersetzte Beiträge angesehener und einflussreicher Zeitungen, Zeitschriften und Internetquellen aus der gesamten Welt, ob aus dem Westen, China, der Ukraine, dem Iran oder etwa der arabischen Welt. Hierzu zählen der „Spiegel“, der „Guardian“, die „Times“, die „Neue Zürcher Zeitung“ oder etwa die „New York Times“. „InoSMI“ (was in der Abkürzung „ausländische Massenmedien“ heißt) gibt an, täglich fast 300.000 Leser zu haben. Keine Frage: Das Medium besitzt Qualität und ist für politisch Interessierte eine wichtige Informationsquelle
Die Seite veröffentlicht insbesondere Berichte mit Russlandbezug, auch die kremlkritischsten etwa amerikanischer Medien. Warum finanziert dies der Kreml? Zum einen scheinen die übersetzten Artikel eine wichtige Informationsquelle der Führung und auch des Präsidenten selbst zu sein. Zum anderen erklärte Alexei Kovalev, der Gründer von InoSMI, der Kreml wolle die Bürger über die unangemessen negative Schlagseite der Russlandberichterstattung insbesondere der westlichen Medien informieren, um hiermit für ihre eigene Außenpolitik zu werben.
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Es gibt zu oft Anlass, die russische Politik zu kritisieren, etwa die die zahlreichen Beispiele mangelnder Rechtsstaatlichkeit. Wer aber ein einseitig negatives Bild zeichnet, der tut den Demokraten in Russland keinen Gefallen. Und verliert auch hierzulande an Glaubwürdigkeit.
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