Der Oberbürgermeister von Moskau, Sergei Sobjanin, empfing ausgewählte Mitglieder des renommierten Valdaiklubs zum „Tee“. Es entwickelte sich ein hochinteressantes Gespräch über den Zustand der russischen Hauptstadt. Kritik seiner westlichen Gäste, Moskau würde die gesamten Ressourcen des Riesenlandes aufsaugen, selbst reich sein, andere Regionen aber arm machen, wies Sobjanin vehement zurück.
Sobjanin lobte den Zustand digitaler Dienstleistungen und versprach, dass ihre Implementierung künftig noch schneller vor sich gehen würde. Er unterstrich, dass die Einnahmen der Stadt nicht aus den Steuern der Großkonzerne herrührten, sondern aus den Mitteln des breiten Mittelstands. Fast 1 Million solcher Firmen seien registriert. Er erinnerte daran, dass Stalin Moskau 1936 zur modernsten Metropole der Welt machen wollte; als Oberbürgermeister hätte er für das 21. Jahrhundert ähnliche Ambitionen. Diesmal würde aber der Bürger im Vordergrund stehen.
Auf bohrende Nachfragen bezüglich sozialer Ungleichheit in Russland, antwortete Sobjanin, Russland könne nicht gleichzeitig das gesamte Riesenland modernisieren. Dafür bräuchte man mehr Zeit. Er bat seine Gäste den ökologischen Fortschritt in seiner Stadt zu beachteten. Trotz der Tatsache, dass in Moskau 4,5 Millionen Autos registriert sind (1991: 1 Million), ist die Luft rein, der CO2 Ausstoß rückgängig. Benzin und Motoröl hätten eine ganz andere Qualität, schmutzige Fabriken seien zugemacht worden, überall gebe es Parks und grüne Erholungsmöglichkeiten. Ab 2021 würde nur noch elektrisch betriebene Busse im Straßenverkehr fahren.
Sobjanin räumte weitere Argumente bei Seite, seine Stadt sei nur gut für die Reichen. Er stellte fest, dass seine Stadtregierung große Finanzmittel in die Entwicklung des Humankapitals investieren würde. In Moskau lebten heute 12 Millionen Menschen, in wenigen Jahren würden es 15 Millionen sein. Um Moskau herum lebten noch einmal 8 Millionen. Moskau nehme 3 Billionen Rubel jährlich als Budget ein, davon gingen 2 Milliarden an den föderalen Haushalt; diese Summe sei gleichbedeutend mit den gesamten staatlichen Transferleistungen an subventionsabhängige Regionen. Aber Reiche und normale Bürger würden in Moskau gut nebeneinander leben, nicht so wie früher. Dienstleistungen seien für jedermann gleich und erschwinglich. Das Bildungsniveau der Schulen und Hochschulen sei höher als in anderen europäischen Ländern. Alle Moskauer Schulen erhielten die gleichen Finanzmittel, es gebe da keine Privilegien. 25% der Budgetausgaben seien Sozialgelder.
Wie sicher ist Moskau? – wollte ein neugieriger Teilnehmer wissen. Sobjanin nahm wieder kein Blatt vor den Mund. Seine Stadt sei sicherer geworden, aber 25% der Kriminalität würde von Migranten verübt. Diese seien aufgefordert, sich den Traditionen der Stadt anzupassen. Ghettos von Ausländern würde er in Moskau nicht dulden.
Jemand fragte nach den Unzufriedenen und den Demonstrationen in Moskau vor den Stadt-Duma-Wahlen. Sobjanin sagte, in Russland sei die Exekutive für alles verantwortlich, der Parlamentarismus unterentwickelt. In den 1990er Jahren sei es anders gewesen, da habe das Stadtparlament aus 500 Abgeordneten bestanden, da habe die Legislative unnütze Gesetze wie die Erlaubnis von Tragen von Waffen debattiert. Der Oberbürgermeister appellierte an seine westlichen Gäste, seine Politik objektiver zu betrachten. Während der Demonstrationen in Moskau habe die Auslandspresse zu 99% negativ berichtet. Es gebe im Westen eine Informationsblockade von positiven Nachrichten aus Russland.
Sobjanin versprach bis 2021 visumfreie Einreisen für EU-Bürger nach Moskau. Diese Praxis gibt es seit 2019 für Sankt Petersburg. Er freue sich ungemein, dass 25 Millionen Touristen pro Jahr Moskau besuchten. Die Fußballweltmeisterschaft habe einen Durchbruch erzielt. Das Image Russlands habe sich sprunghaft verbessert. Er versprach, die Städtepartnerschaft mit Berlin zügig auszubauen. Deutsche seien nach den Chinesen die größte Touristenschar.
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