Kommentar von Dr. Gerhard Mersmann. Das Thema ist ein altes. Wie lange hält der Krug, mit dem man zum Brunnen geht? Etwas, das sich über lange Zeiträume als das herausgestellt hat, was man von ihm erhoffte, zeigt irgendwann, zunächst unbemerkt, dann leichte Spuren und letztendlich deutliche Risse. Dann ist die Stunde der Wahrheit. Dann geht es darum, konsequent zu sein und zu reagieren. Entweder, indem man versucht, die Spuren der Abnutzung oder die ersten Brüche zu reparieren oder, sich nach einer neuen Lösung umzuschauen. Bleibt das aus, dann kommt es zum Fiasko. Dann bricht der Krug und das in ihm kostbare Gut ergießt sich auf dem Boden der Tatsachen.
Betrachtet man die Geschichte der NATO, dann ist das von vielen immer noch so sehr beschworene Bündnis an einem Punkt angekommen, an dem die meisten Mitglieder die Risse und Brüche nicht wahrhaben und an der Organisation festhalten wollen, obwohl sie von ihrem Geist bereits seit langem ausgehöhlt ist, von seiner Glaubwürdigkeit alles eingebüßt hat, was es einst versprach und eine Welt ignoriert, die mit der eigenen Ursprungsintention nichts mehr gemein hat.
Das nordatlantische Verteidigungsbündnis, einst gesehen als Gegenstück des Warschauer Paktes, steht seit langem dem von der damaligen Sowjetunion administrierten Bündnis nicht mehr gegenüber, weil es dieses seit dreieinhalb Jahrzehnten nicht mehr gibt. Seitdem ist aus dem vermeintlichen Verteidigungsbündnis eine Aggressionsallianz geworden, die aktiv in Interventionskriege verwickelt ist und durch ihre stetige Expansion das Sicherheitsbedürfnis anderer Staaten erheblich stört.
Intern ist die vermeintliche Gemeinsamkeit spätestens seit dem Zeitpunkt dahin, an dem die us-amerikanischen Interessen mit denen anderer Mitglieder kollidieren. Besonders die Bundesrepublik Deutschland hat dies zu spüren bekommen. Spätestens seit dem Konflikt um die Ukraine ist deutlich, dass es der damaligen Kriegskoalition von Obama/Biden um einen tiefen Graben zwischen Russland und Deutschland ging. Die Kooperation beider Länder ist das Schreckgespenst aller anglo-amerikanischen Imperial-Theorien und man wusste, dass das der Ukraine angebotene Junktim von EU- und NATO-Mitgliedschaft die robuste Reaktion Russlands hervorrufen würde. Dennoch hat man diesen Weg beschritten und hatte damit Erfolg.
Wenn man bedenkt, dass die Sprengung der Nordsee-Pipelines unter Mitwirkung von NATO-Bündnisstaaten geschah, dann wäre das Absurdum aktuell, dass innerhalb des Bündnisses der Bündnisfall aufzurufen wäre, weil es sich um die Zerstörung kritischer Infrastruktur handelt. Und wenn man zudem in Betracht zieht, dass dieser terroristische Anschlag unter Mitwissen deutscher Politiker geschah, dann gesellt sich zu dem NATO-Desaster noch der Straftatbestand des Landesverrats. Glaubt angesichts dieser Verstrickungen, dass dieses Bündnis noch eine Zukunft hat? Die gegenwärtigen europäischen Akteure innerhalb der NATO sind derartig von der amerikanischen Kriegsfraktion sozialisiert, dass sie dieses Credo vor sich hertragen. Ihre Loyalität trägt zu einer fortschreitenden Schädigung der europäischen Mitgliedsländer bei und beinhaltet zudem die Perspektive eines alles dem Erdboden gleichmachenden Krieges.
Die einzige Konsequenz, die aus dem Zustand und dem Agieren der NATO zu ziehen ist, wäre mit einer in einem anderen Kontext von einem renommierten deutschen Konservativen bemühten Formulierung zu beschreiben: Isch over!
Europa braucht eine eigene Friedensordnung und eine andere Verteidigungsstrategie. Und mit Europa ist Europa gemeint. Ein Frieden in Europa ist nur mit Russland möglich. Und ein Verteidigungspotenzial mit Weltgewicht ebenso. Will Europa als Kontinent eine Perspektive, dann sind die Tage der NATO gezählt.
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Die NATO ist leider nicht „over“, sondern wird mit gigantischen finanziellen und militärischen Mitteln zulasten der Sozialsysteme und der Wirtschaft gegen den imaginären Feind aufgerüstet. Und die katholischen Länder Europas und der ehemaligen Sowjetunion sehen eine neue Möglichkeit, ihren jahrhundertealten Kulturkampf gegen Russland im Rahmen der NATO fortzusetzen. Russland verteidigt daher in dem Stellvertreterkrieg Deutschlands und der NATO gegen Russland in der Ukraine nicht nur seine geostrategischen Interessen sonder auch die christliche Russische Welt gegen die antichristliche Welt des Westens. Zu diesem Krieg hatte der polnischstämmige ehemalige amerikanische Sicherheitsberater und Brieffreund von Papst Wojtyla Zbigniew Brzezinski schon in seinem Buch „The Grand Chessboard“ von 1997 aufgerufen und die Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die NATO gefordert. Das heißt, die NATO-Aufrüstung ist nicht die Folge sondern die Ursache des Krieges in der Ukraine.
Bravo❗ Wie immer wortgewaltig❗ Das ist auch meine Einschätzung❗✊☎️
„Der Geist der NATO“ war nie ein friedlicher, denn die Ziele der NATO, wie sie der erste NATO-Generalsekretär Lord Ismay formuliert hat, waren und sind: „Die Amerikaner in Europa zu halten, die Russen draußen zu halten, und die Deutschen klein zu halten.“ Und die Deutschen haben sich diesen Zielen von Anfang an masochistisch untergeordnet und halten daran fest „bis der Krug bricht.“ Von daher ist auch zu verstehen, dass der deutsche Bundeskanzler Scholz auf die von dem scheinheiligen amerikanischen Präsident Joe Biden angedrohte Sprengung der Nordsee-Pipelines nur mit einem einfältigen Lächeln reagiert hat, und der derzeitige deutsche Bundeskanzler Merz alle Hebel in Bewegung setzt um zu verhindern, dass der derzeitige amerikanische Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin sich über die Köpfe der aufgescheuchten europäischen Politiker hinwegsetzen und eine realistische diplomatische Lösung des Ukraine-Konfliktes suchen.