von Prof. Alexander Rahr. Donald Trumps Sanktionen gegen den gesamten russischen Ölsektor und die gleichzeitigen EU-Verbote praktisch aller russischer Energieexporte verdeutlichen, dass sich der Westen und Russland in einem gegenseitigen Erschöpfungskrieg befinden — wirtschaftlich, politisch, propagandistisch. Beide Seiten reden von „Verteidigung der Werte“ oder „nationaler Sicherheit“, aber das Ergebnis ist ein Prozess gegenseitiger Zerstörung, der längst weit über die Ukraine hinausgeht.
Die Ukraine als Symbol
Der Krieg begann militärisch in der Ukraine, aber politisch ging es stets um die Weltordnung. Für den Westen steht die Gültigkeit des Völkerrechts und die Verteidigung seiner regelbasierten Ordnung im Vordergrund. Russland will diese Ordnung zerstören. Für Russland geht es um historische Einflusszonen, nationale Sicherheitsgarantien und den Anspruch, nicht länger „vom Westen beherrscht“ zu werden.
Die Ukraine ist also nicht die Ursache, sondern der Brennpunkt eines tieferliegenden Systemkonflikts. Sie ist der Ort, an dem sich entscheidet, wer in Zukunft die Spielregeln der Weltpolitik schreibt.
Beide Seiten unterschätzen die Resilienz des Gegners – und überschätzen die Wirkung von Druck.
Das führt zu einer Spirale: Jeder neue Schlag des einen rechtfertigt die nächste Eskalation des anderen.
Der Kollateralschaden: Die Weltwirtschaft
Die Weltwirtschaft schwächelt, an manchen Stellen wird sie zusammenbrechen – mit gravierenden Folgen für einzelne Gesellschaften. Das ist der Kern des Problems – und er ist zutreffend. Energiepreise, Handelsrouten, Rohstoffmärkte und Lieferketten sind global. Wenn der Westen Russland stranguliert und Russland zurückschlägt (z. B. mit China über die Zerstörung von Lieferketten für den Westen), dann leidet die gesamte Weltwirtschaft. Schwellenländer rutschen in Rezession, die Inflation frisst Wohlstand, die Investitionen stagnieren überall, Hunger und Armut in Afrika steigen.
Der Krieg um Rohstoffrouten ist im vollen Gange. Die USA führen ihn in Lateinamerika gegen Russland und China, dafür drängen Letztere den Westen aus Asien und Afrika heraus. Der Versuch, „den Gegner zu zerstören“, vernichtet das gemeinsame Fundament – die globalisierte Ökonomie, den Wohlstand, die alle miteinander verbinden.
Und all das wegen der Ukraine?
Natürlich geht es nicht nur um die Ukraine als Land, sondern um das, wofür sie steht: Für den Westen: Selbstbestimmung, Freiheit, territoriale Integrität. Für Russland: Eindämmung der NATO, Schutz russischer Interessen, Wiederherstellung von russischem Einfluss in der Welt. Aber das menschliche und wirtschaftliche Ausmaß des Krieges steht in keinem Verhältnis mehr zu diesen Zielen. Was als „regionaler Konflikt“ begann, ist zu einem weltpolitischen Stellvertreterkrieg geworden – mit globaler wirtschaftlicher Selbstzerstörung als Nebenwirkung.
Die fehlende Logik des „Halt“
Gibt es niemanden, der den Absturz der Welt zum Halt überredet? Doch dieselbe Frage gilt insbesondere für die europäische Seite. Alle Lager sind in einer moralischen Sackgasse: Wenn der Westen jetzt nachgibt, heißt es: Er hat Russland gewinnen lassen und Russland wird noch stärker sein. Wenn Russland nachgibt, heißt es: Putin hat verloren und sein System zerfällt.Darum will keiner den ersten Schritt zur Deeskalation machen – selbst wenn alle wissen, dass sie sich gegenseitig in den Abgrund ziehen.
Fazit
Der Krieg um die Ukraine ist längst zum Systemkrieg geworden – und beide Seiten setzen ihre gesamte wirtschaftliche, politische und moralische Energie ein, um nicht zu verlieren. Aber in dieser Logik kann niemand mehr gewinnen. Wenn ein globalisiertes System sich selbst spaltet, verliert die Welt als Ganzes.
Die nächste Entwicklung kann so prognostiziert werden: Russland und China schliessen ein Militärbündnis gegen den Westen. Es kommt zur weltweiten Aufrüstung, die überall aus staatlichen Budgets bezahlt werden muss. Die Sozialsysteme leiden darunter.
Wirtschaftlich wird Russland überleben – ähnlich wie die junge Sowjetunion von den 1920er bis in die 1970er Jahre (als mit der Ostpolitik der Wirtschaftshandel zwischen Ist und West erst begann). Russland ist ein wirtschaftlich autonomes Land, die Bevölkerung hat, wie nirgends sonst, „Verständnis“ für die nationalen Interessen und Notlagen.
Die USA und die EU werden ihren wirtschaftlichen Niedergang mit politischen und sozialen Unruhen bezahlen müssen, denn ihre Volkswirtschaften sind auf die Globalisierung des Welthandels viel stärker ausgerichtet als die russische. Schon deshalb muss der Westen an einer neuen friedlichen Ordnung in der Welt viel mehr Interesse aufbringen!

COMMENTS
Der Autor schildert realistisch die weltwirtschaftlichen Folgen des „Ukraine-Konfliktes“, während die „souveränen“ Wähler das zwar an ihrer Heizkostenrechnung spüren, aber die Zusammenhänge nicht sehen. Und diejenigen, die die Zusammenhänge sehen, schweigen, weil sie davon profitieren. Und es gibt noch einen tieferen Grund für den Konflikt, den Putin ausspricht wenn er erklärt, dass Russland in dem Stellvertreterkrieg Deutschlands und der NATO gegen Russland in der Ukraine nicht nur seine geostrategischen Interessen verteidigt, sondern auch „die christliche Russische Welt gegen die antichristliche Welt des Westens“. Das verstehen die einfältigen Atheisten des Westens, von Ausnahmen abgesehen, natürlich nicht, und die Antichristen leugnen das.