Ukrainischer PolitsumpfWipperfürth, Dr. Christian © russland.tv

Ukrainischer Politsumpf

Die Parlamentswahlen am 21. Juli werden Selenski stärken. Aber was will der neue Präsident überhaupt? Und ist er vertrauenswürdig?

Selenski ist seit zwei Monaten im Amt. Das Establishment hat seine zahlreichen Initiativen weitgehend ins Leere laufen lassen. Dies war zu erwarten.

Der Außenminister der Ukraine lehnte einen wichtigen russischen Vorschlag im Juni ab, ohne sein Staatsoberhaupt hiervon vorab auch nur zu informieren. Es handelte sich um die Bereitschaft des Kremls, über das Schicksal der Ende November 2018 in der Straße von Kertsch festgesetzten ukrainischen Marinesoldaten zu verhandeln. Der Präsident hat nicht einmal Kontrolle über seine eigene Regierung.

Es gab in den vergangenen Wochen darüber hinaus Anzeichen, dass er auf die Linie der Nationalisten eingeschwenkt ist. Beschränken wir uns auf ein Anzeichen:

Er lehnte bei seinem Besuch in Paris ausdrücklich ab, direkte Verhandlungen mit der Führung der Rebellen zu führen, obgleich sich Kiew in den Vereinbarungen von Minsk hierzu verpflichtet hat. Der Westen unterließ es auch in diesem Fall, die Ukraine zur Vertragstreue zu ermahnen.

Selenski errang den Wahlsieg mit der Botschaft, die korrupte Elite zu entmachten. Er befindet sich aber in beunruhigender Nähe zu einem besonders fragwürdigen Oligarchen:

Selenski und Kolomoiski

Das neue Staatsoberhaupt könnte Igor Kolomoiski verpflichtet, oder zumindest von ihm beeinflusst sein. Hierfür gibt es folgende Anzeichen:

Selenskis Serien laufen seit langem im Fernsehsender „1+1“, der darüber hinaus seinen Wahlkampf intensiv und wohlwollend begleitet hat. 1+1 gehört Kolomoiski.

Unter dem korrupten Präsidenten Wiktor Janukowitsch (2010-2014) war Andrij Bogdan für den „Kampf gegen die Korruption“ zuständig. Danach wurde er Anwalt und Consultant des zwielichtigen Generalstaatsanwalts Jurij Luzenko, und Hauptanwalt Kolomoiskis. Selenski katapultierte Bogdan im Mai in eine Schlüsselstellung. Er ernannte ihn zum Leiter der Präsidialadministration.

Einen Tag nach dem Wahlsieg Selenskis (!) wurde die frühere Chefin der Nationalbank, Valeria Gontarewa, von Generalstaatsanwalt Luzenko als Beklagte in einem Korruptionsfall einbestellt. Der Generalstaatsanwalt steht grundsätzlich in besonderer Abhängigkeit zum Präsidenten. Bei den Anschuldigungen dürften es sich um eine Intrige des Oligarchen-Lagers handeln, um die Glaubwürdigkeit der Reformer zu beschädigen. Bei der Nationalisierung der „PrivatBank“ spielte Gontarewa eine führende Rolle (hierzu unten mehr). Luzenko kann als Verbündeter Kolomoiskis angesehen werden.

Gegen Gontarewa wurde eine groß angelegte Diffamierungskampagne gestartet. Ihr Initiator steht nicht nur auf der Gehaltsliste des Oligarchen, sondern wird künftig Mitglied des Parlaments. Dank Selenskis Partei „Diener des Volkes“.

Dies gilt auch für Olexander Tkatschenko. Er steht Kolomoiskis 1+1 vor.

Weitere künftige Abgeordnete der „Diener“ gehörten der 2014 gegründeten Partei „UKROP“ an. Gründer, Strippenzieher und Vorsitzender UKROPs war Kolomoiski.

Dieser kehrte nach Selenskis Wahlsieg nach über einjähriger Abwesenheit wieder in sein Heimatland zurück. Er hat nach Angaben der Nationalbank Milliarden veruntreut, fürchtete aber offensichtlich nicht, belangt zu werden. Kolomoiski galt bereits Mitte 2018, während seines selbstgewählten Exils, als der fünfmächtigste Ukrainer, noch vor Ministerpräsident Wolodymyr Grojsman. Mittlerweile dürfte er weiter nach oben gerückt sein. Der Oligarch bezifferte sein Vermögen kürzlich auf 7,5 bis 8 Mrd. US-Dollar.

Der neue Präsident grenzt sich verbal von Kolomoiski ab. Er hat bspw. auch versucht, Generalstaatsanwalt Luzenko abzulösen. Die Volksvertretung legte sich jedoch quer, wie gewöhnlich. Selenski hat durchaus eine Reihe vertrauenserweckender Verbündeter. Vermutlich braucht er darüber hinaus zumindest vorerst auch einige fragwürdige, um im ukrainischen Sumpf überhaupt eine Chance zu haben. Wird er später einmal in der Lage sein, sich von ihnen zu befreien? Strebt er dies überhaupt an? Die Verbindungen Selenskis mit Kolomoiski wecken zu Recht Argwohn.

Kolomoiski sieht sich durch den Präsidentschaftswechsel zu einer Offensive ermutigt. Gontarewa wagt es nicht mehr, in die Ukraine zurückzukehren. Der Oligarch hat insbesondere die PrivatBank im Visier, das bei weitem größte Kreditinstitut des Landes. Rufen wir den Fall kurz in Erinnerung, um im Anschluss zu den jüngsten Entwicklungen zu kommen:

Die PrivatBank

Gründer und Haupteigner waren Igor Kolomoiski und Gennadij Bogoljubow. Im Dezember 2016 gab die ukrainische Zentralbank an, die PrivatBank habe über 90% ihrer Unternehmenskredite an Gesellschaften ausgereicht, die in enger Verbindung zu den Eigentümern der Bank standen. Auf diese Weise seien Milliarden veruntreut worden. Das Kreditinstitut wurde nationalisiert.

Zwischen Dezember 2016 und Mai 2017 musste die PrivatBank vom Staat mit 4,5 Mrd. US-Dollar unterstützt werden, kurz darauf erhöhte sich der Betrag auf 5,6 Mrd. US-Dollar.

Bogoljubow und Kolomoiski erklärten sich Ende 2016 zwar schriftlich bereit, die Insiderkredite bis zum 1. Juli 2017 zu restrukturieren. Dafür aber gab es keine Anzeichen. Unternehmen, die den Oligarchen verbunden waren, beschritten vielmehr den Rechtsweg. Kolomoiski gab an, aus politischen Gründen widerrechtlich enteignet worden zu sein.

Seine Anwälte erklärten, dass überhaupt kein Schaden entstanden sei, faule Insiderkredite gebe es nicht: Ursprüngliche Kreditnehmer der PrivatBank hätten die an sie ausgereichten Gelder an andere Parteien weiterverliehen. Diese aber hätten die ursprünglichen Kredite beglichen, von einem geringen Prozentsatz abgesehen.

Die Nationalbank erklärte zwar, es habe Insiderkredite in Milliardenhöhe gegeben. Sie unterließ jedoch, diese „Insider“ zu benennen. War dies ein unvermeidliches, unverzeihliches oder gar beabsichtigtes Versäumnis? Da es keine „Insiderliste“ gab, erlitt die Nationalbank zahlreiche millionenschwere Niederlagen vor Gericht.

Mitte 2018 bezeichnete die PrivatBank 85% ihrer Darlehen als notleidend, es handele sich trotz vorhergehender Abschreibungen um 7,06 Mrd. US-Dollar. Das sind etwa sechs Prozent der ukrainischen Wirtschaftsleistung. (Weitere Fakten zur PrivatBank).

Entwicklungen seit der Präsidentschaftswahl

Positive Nachrichten für Kolomoiski schienen sich zu häufen: Das Kiewer Verwaltungsgericht beschied am 18. April, die Verstaatlichung von Ende 2016 sei unrechtmäßig. Ein anderes Gericht urteilte, die zeitgleiche Selbstverpflichtung der Oligarchen zur Restrukturierung der Insiderkredite sei juristisch nicht bindend. PrivatBank-Kunden hoben daraufhin innerhalb kürzester Zeit aus Sorge fünf Prozent ihrer Einlagen ab.

Die Bilanzen von Kolomoiskis PrivatBank hatten über Jahre das Gütesiegel von PricewaterhouseCoopers erhalten. Die Zentralbank entzog der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darum 2017 die Lizenz zum Audit von Banken. Diese Entscheidung wurde am 13. Mai 2019 vom Kiewer Verwaltungsgericht aufgehoben. Dies stärkte die Behauptung der Oligarchen, dass die Bilanzen der PrivatBank korrekt, die Nationalisierung also politisch motiviert gewesen sei.

Ende Mai bzw. Anfang Juni verpflichteten Gerichte die verstaatlichte PrivatBank, umgerechnet knapp 1,2 Mio. Euro an Kolomoiski verbundene Unternehmen zu zahlen. Hunderte ähnliche Vorgänge sind noch anhängig.

Auch die Widersacher der Oligarchen gingen in die Offensive. Das oberste ukrainische Gericht hob auf ihren Antrag den Beschluss der untergeordneten Distanz auf, und erklärte die Nationalisierung der PrivatBank für gesetzeskonform. Am 21. Mai strengte diese darüber hinaus in den USA eine Klage an: In den zehn Jahren vor der ihrer Verstaatlichung habe die Filiale der PrivatBank auf Zypern 470 Mrd. US-Dollar gewaschen. Falls dies den Tatsachen auch nur annähernd entspricht, würde es sich um den geschichtlich größten Geldwäschefall überhaupt handeln. Am 14. Juni strengte die Nationalbank eine Klage gegen vier Richter an, die Entscheide im Sinne Kolomoiskis gefällt hatten. Sie sollen gekauft gewesen sein. Am 2. Juli gewann die staatliche PrivatBank einen wichtigen Prozess um 600 Mio. Griwna, rund 20,5 Mio. Euro.

Auf der anderen Seite erlaubte ein Gericht in Kiew einer Firma Kolomoiskis am 12. Juli wieder den Zugriff auf 415 zuvor eingefrorener Eigentumswerte.

Kolomoiski erklärte mit dem ihm eigenen Humor, zu einem „freundschaftlichen Übereinkommen“ bereit zu sein, um die Kontroversen zu beenden. Hierfür verlangte er 25% der Privatbank Aktien sowie zwei Mrd. US-Dollar.

Kolomoiski & Co. werden vermutlich zahlreiche der anhängigen Insiderkredit-Prozesse für sich entscheiden können. Sie dürften Zahlungen in bis zu dreistelliger US-Dollar-Millionenhöhe erhalten. Zudem werden weitere Milliarden-Abschreibungen für die PrivatBank fällig, letztlich zu Lasten der Steuerzahler. Die PrivatBank erklärt mittlerweile, von den früheren Eigentümern sogar um 7,6 Mrd. US-Dollar gebracht worden zu sein.

Kiew muss in diesem und den folgenden Jahren beispiellos hohe Darlehen aufnehmen, um alte abzulösen, 12 bis 15 Mrd. US-Dollar jährlich. Die westlichen Geldgeber haben unmissverständlich deutlich gemacht, den Geldhahn zuzudrehen, falls die PrivatBank an die Oligarchen rückübereignet wird oder sie milliardenschwere „Entschädigungen“ erhalten sollten. Beides kann somit als nahezu ausgeschlossen gelten.

Die früheren PrivatBank Eigentümer ihr Manager, die Verantwortlichen der ukrainischen Aufsichtsbehörden oder Wirtschaftsprüfer müssen aber auch nicht fürchten, für ihre Vergehen bzw. schweren Versäumnisse strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Dies widerspräche den Gepflogenheiten in der Ukraine. Bekanntlich hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus. Das Land war und ist zwar pluralistisch, Führungen wurden mehrfach durch Wahlen abgelöst. Die Macht blieb aber bislang faktisch bei den Oligarchen.

Die Parteien vor den Wahlen

Am 20. Juni beschied das Verfassungsgericht, Selenskis Vorstoß für vorzeitige Neuwahlen sei verfassungskonform. Zudem wurde seine Partei „Diener des Volkes“ von der Zentralen Wahlkommission registriert, was zeitweise unsicher schien.

Der neue Präsident besitzt in der Bevölkerung weiterhin einen Vertrauensvorschuss:

Es gibt Indizien einer Aufbruchstimmung: Im September 2018 sahen 71% der Ukrainer pessimistisch in die Zukunft, nunmehr sind es 39%.

 

Dies kommt den Umfragewerten der „Diener“ zu Gute. Sie dürften am 21. Juli einer absoluten Mehrheit zumindest nahekommen. Fast 50% der Parlamentssitze fällt jedoch Direktkandidaten in den Wahlkreisen zu, die i.d.R. dem örtlichen Establishment verpflichtet sind. Die den „Dienern“ in der letzten Umfrage prognostizierten 52% könnten also trotzdem bedeuten, dass sie eine Parlamentsmehrheit verfehlen.

Die Selenski-Partei verweigert aktuellen oder ehemaligen Abgeordneten eine Mitgliedschaft. Wofür sie steht ist nach wie vor schwer zu sagen, ebenso wie bei Selenski. Die „Diener“ beherbergen z.B. sowohl glühende Anhänger des „Maidan“ als auch ausgesprochene Gegner des Umbruchs von 2014.

Die „russlandfreundliche“ „Oppositionsplattform“ dürfte mit 12% bis 14% an die zweite Stelle kommen. Sie gewann in den letzten Wochen an Zustimmung. Selenskyis (scheinbares) Einschwenken auf die ukrainisch-nationalistische Linie hat Hoffnungen enttäuscht, die „Diener“ haben Anhänger verloren.

Annähernd 55% der Bevölkerung wünschen direkte Verhandlungen zwischen Kiew und der Führung der Rebellen, was Selenski bekanntlich abgelehnt hat. Etwa 70% wollen direkte Verhandlungen mit dem Kreml, um das Blutvergießen zu beenden. Auch hierfür gab es lange keine Anzeichen. Selenskis Rhetorik gegenüber Russland unterschied sich letztlich nicht von der Poroschenkos.

Im Donbass eskalierte der Konflikt vielmehr. Die Moschee und das Kinderkrankenhaus in Donezk sollen von der ukrainischen Armee beschossen worden sein. Selenskis Pressesprecherin Julija Mendel wurde von Generalsstaatsanwalt Luzenko zu einer Befragung einbestellt, nachdem sie dies kritisiert hatte.

Der Fernsehsender „112“ kündigte an, Oliver Stones neuen Dokumentarfilm über die Ukraine zu senden, der bei Nationalisten auf Empörung stößt. Er soll in 70 Ländern gezeigt werden. Der Generalstaatsanwalt warnte „112“ vor der Ausstrahlung. Am 13. Juli wurde der Sender mit Granatwerfern beschossen. Menschen kamen nicht zu Schaden, aber es gab erheblichen Sachschaden und die Ausstrahlung wurde abgesagt.

Nationalisten sind bemerkenswert gewalttätig und müssen kaum Sorge haben, für ihre Taten zur Verantwortung gezogen zu werden. Sie werden von Teilen der Staatsmacht entweder gebilligt oder gedeckt. Das hatten sich viele der Wähler Selenskis anders vorgestellt, sodass sich Hunderttausende der Oppositionsplattform zuwandten.

Neben den „Dienern“ und der „Oppositionsplattform“ wird die „Europäische Solidarität“ Poroschenkos im neuen Parlament vertreten sein. Sie dürfte 7 bis 9% erringen. Die Partei Julija Timoschenkos wird bis zu 7% erhalten. Zu Poroschenko und Timoschenko siehe hier.

Die meisten Umfragen sehen auch die erst im Mai 2019 gegründete Partei „Golos“ in der neuen „Rada“. Sie ist ähnlich ukrainisch-national wie Poroschenkos Partei, aber vertrauenerweckender. Umfragen sehen sie im „russlandfreundlichen“ Süden und Osten der Ukraine bei ca. 2%, im Westen aber bei über 13%.

Im nun aufgelösten Parlament waren Dutzende führende Vertreter des Maidan vertreten. Sie werden der neuen Volksvertretung nahezu alle nicht mehr angehören.

Hoffnungsvolle Anzeichen

Selenski und der Kreml überzogen sich wochenlang wechselseitig mit unfreundlichen Akten. Diese Zeit ist vorüber.

2016 untersagte Moskau den Transit ukrainischer Waren über russisches Gebiet. Kiew erhob hiergegen Beschwerde vor dem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation. Dieses jedoch erklärte die Maßnahme des Kremls Anfang April 2019 für rechtmäßig. Präsident Putin unterzeichnete am 24. Juni gleichwohl ein Dekret, das den Transit wieder zulässt.

Truppen der Rebellen und der Ukraine zogen sich Ende Juni von Stellungen bei Stanyzja Luganska zurück, die zuvor umkämpft gewesen waren.

Selenski macht seine wiederholte Ankündigung wahr und nahm direkten Kontakt mit dem Kreml auf. Er rief Putin am 11. Juli an. Die Staatsoberhäupter sprachen insbesondere über einen Gefangenenaustausch. Selenski sagte am 17. Juli, die westlichen Partner hätten ihm von einem direkten Kontakt abgeraten. „Wir haben unseren westlichen Partnern für ihre Unterstützung zu danken“, so Selenskyi, „aber wir sollten unsere eigene Meinung haben.“

Es ist denkbar, dass der Westen den ukrainischen Präsidenten zu einer harten Haltung drängt, aber vielleicht ist seine Erklärung v.a. Wahlkampftaktik, um der „Oppositionsplattform“ kurz vor der Wahl Stimmen abjagen zu können. Immerhin haben sich Deutschland und Frankreich kürzlich dafür eingesetzt, dass Russland das volle Stimmrecht im „Europarat“ zurückerhält. Und US-Präsident Trump traf sich auf dem G20-Gipfel mit Putin, obgleich Washington zuvor betont hatte, ohne eine Freilassung der bei Kertsch festgesetzten ukrainischen Marinesoldaten könne kein derartiger Austausch stattfinden. Die USA sind auf das Wohlwollen Russlands in mehreren weltpolitischen Fragen angewiesen.

Am 17. Juli einigten sich die Konfliktparteien unter OSZE-Vermittlung auf einen unbefristeten Waffenstillstand. Er soll am 21. Juli in Kraft treten. In der Vergangenheit hatte es bereits mehrere ähnliche Vereinbarungen gegeben, diese aber unterscheidet sich von den vorhergehenden: Kiew und die Rebellen erklärten den Waffenstillstand erstmals in einer gemeinsamen Erklärung. Die Führung der Rebellen wird somit von Kiew zum ersten Mal als Verhandlungspartner anerkannt, wie von „Minsk“ gefordert.

Am 18. Juli einigten sich Russland und die Ukraine auf einen Austausch von Gefangenen. Er bringt 277 Menschen die Freiheit. Der letzte war im Dezember 2017.

Die Aussichten

Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung fordert ein Ende des Krieges im Donbass. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage bzw. der Kampf gegen die Korruption rangieren auf der Wunschliste deutlich dahinter an zweiter bzw. dritter Position ( S. 33).

Die seit 2014 dominierenden Nationalisten lehnen die Vereinbarungen von Minsk ab, sie wollen auch keine Entspannung mit Russland. Beides würde die Ukrainisierungspolitik beenden. Minsk sowie eine Entspannung widerstreben auch anderen Seilschaften: Sie brauchen einen anhaltenden Konflikt und Russland als Feindbild, um von ihren korrupten Netzwerken abzulenken.

Ein Frieden im Donbass ist der Dreh- und Angelpunkt, ob Selenski die Macht der Oligarchen brechen kann – falls er dies beabsichtigt ….

Wirkliche Reformen haben nur dann eine Chance, wenn der Westen auch die Ukraine zur Umsetzung von Minsk mahnt.

 

Quelle der Folie:

Repräsentative Umfrage der Soziologischen Gruppe Rating zwischen dem 8. und 12. Juni 2019, 2000 Befragte, http://ratinggroup.ua/en/research/ukraine/monitoring_elektoralnyh_nastroeniy_ukraincev_8-12_iyunya_2019_goda.html, in: Ukraiene-Analysen 220, 12.7.19, S. 7

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