Wann beginnt der III. Weltkrieg?Dr. Gerhard Mersmann

Wann beginnt der III. Weltkrieg?

[von Dr. Gerhard Mersmann] Gestern wurde ich gefragt, wie meine Prognose hinsichtlich des Beginns des III. Weltkrieges lautete. Ich musste mich erst sortieren. Angesichts der vielen lokalen Kriege, die sich in den letzten Jahrzehnten abgespielt haben, ist es, außer in den Ländern, die davon verschont waren, schwer, von einer allgemeinen Periode des Friedens zu sprechen, wie dies immer wieder geschah. Ja, aus zentraleuropäischer oder amerikanischer Sicht herrschte Frieden in den eigenen Ländern, obwohl man sehr wohl in anderen Regionen immer wieder aktiv an Kriegen beteiligt war. Und mir wurde bewusst, auch angesichts der Resultate, wie frivol es ist, von Frieden zu reden, wenn man selbst mit aktiven Streitkräften zum Beispiel in Afghanistan beteiligt war. Frieden? Jemen, Syrien, Irak, Libyen? Und jetzt, wo die russische Armee in der Ukraine eingefallen ist, herrscht plötzlich doch Krieg? Ja, er herrscht, und das, was als die Gefahr des III. Weltkrieges beschrieben werden kann, ist bereits in vollem Gange.

Die Konstellation, die sich aus einer jahrzehntelangen Außenpolitik aus, mit und durch den Westen herauskristallisiert, ist ein gewaltiges Konfrontationspotenzial. Zu einer Eskalation gehören immer mehrere Seiten. Wer jetzt ausschließlich eine Ursache für die wachsende Gefahr eines flächendeckenden, auch vor unseren Haustüren auftauchenden Krieges in lediglich einem Faktor entdeckt, der ist der Täuschung unterlegen. Wirtschaftssanktionen zum Beispiel sind immer eine Botschaft, die auf das nächste destruktive Mittel hindeutet und kein Portal öffnet, das zu Kompromissen oder gar einer Friedensordnung führt. Man muss sich nur die Liste anschauen, die über diese Sanktionen in den Jahren nach der Weltwirtschaftskrise 2008 die Welt kontaminierten. Alle gegen alle, USA gegen Europa, Europa gegen USA, Europa gegen China, der gesamte Westen gegen Russland. Man nennt so etwas auch Wirtschaftskrieg, und der ist eine Vorstufe eines heißen Krieges.

Der Weltwirtschaftskrieg ist seit langem ausgebrochen. Der militärische ist im Hinblick auf die existierenden Allianzen nur noch eine Frage der Zeit. Irgendeiner verliert immer die Nerven! Wie ernst muss man die in den öffentlichen Debatten so unterstrichenen Sorgen um die Gesundheit und die Ökologie dieses Planeten eigentlich nehmen, wenn in den alten Kategorien der systemischen Konkurrenz weitergedacht wird, als wäre nichts passiert? Um ehrlich zu sein, alles, was noch vor wenigen Monaten als das große Ziel einer neu angetretenen Bundesregierung proklamiert wurde, der Umbau der Gesellschaft inklusive des ökologischen ist bereits Makulatur. Wenn Waffen sprechen, herrscht die Zerstörung von Mensch und Natur, sonst nichts. Was auf der Tagesordnung stehen wird, solange keine Nuklearraketen von und nach Rammstein fliegen, ist die Grundversorgung der Gesellschaft mit dem Nötigsten. Es wird noch einen kurzen Sommer geben, in dem, gleich einem Begräbnis, noch einmal der alten Freiheiten gedacht werden kann, und dann folgt der Notstand in einem notwendigerweise zunehmend autoritären Staat und immer weniger verfügbaren Ressourcen. Wer jetzt jubelt, wenn die anderen leiden, ist bereits in der destruktiven Logik gefangen.

Die Chance wurde vertan, nach einem gemeinsamen, globalen Modus Vivendi zu suchen, der die Kräfte zugunsten der Menschheit vereint hätte. Dazu hätte gehört, sich an einen Tisch zusetzen, eine gemeinsame Agenda zu erstellen und die Kräfte zu vereinen. Das ist nicht geschehen, von keiner Seite. Oder haben wir etwas verpasst? Wo waren die Vorschläge zu gemeinsamem Handeln, zu Kooperation? Mir sind nur die immer gleichenden gegenseitigen Vorwürfe im Ohr. In diesem Prozess gab es keine Guten!

Ach ja, die Frage: Wann beginnt der III. Weltkrieg? Er ist bereits ausgebrochen, und nun kommt er näher. Hat der Frieden noch eine Chance? Wenn so weiter gedacht und gehandelt wird, wie bisher, Nein! Wer die Welt mit Kriegen beglücken will, vernichtet sie. Und das, liebe Mitmenschen, betrifft alle Seiten!

COMMENTS

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    Claudius 2022 2 Jahren

    Herr Gutsche, Ihr Kommentar Sie haben den Weg, die jetzige Situation und die Lösung des Problems treffend beschrieben. Ich habe manchmal das Gefühl, dass das Volk besser urteilen kann als unsere so sogenannten Eliten. Egal welcher Seite.
    Die grossen dummen Jungs die mit dem Zündhölzern in der Scheune spielen….ab in den Schützengraben in die erste Reihe. Dann wird es keine Kriege mehr geben…eine Weisheit meines alten Meisters der dem Stalingrader Kessel entkommen und leider in Kriegsgefangenschaft schwerverletzt wurde als bei Aufräumarbeiten ein Blindgänger explodierte.
    Putin gibt mit seinem Angriffskrieg dem Militärapologeten der USA und Europas das Sprungbrett für eine hirnloae Aufrüstungsspirale.
    Wichtig für Europa ist ein eigenständiges Handeln wirtschaftlich, in politischer Hinsicht und mit gut zur Verteidigung ausgerüsteten und in der dieser geübten Armeen. Aber nicht mehr und nicht weniger.
    Wenn Europa das nicht schafft werden wir zwischen USA, Russland und China zerrissen.

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    Horst Beger 2 Jahren

    Der III. Weltkrieg hat als Kalter Krieg gegen die Sowjetunion bzw. Russland durch Amerika und die NATO bereits mit dem Ende des II. Weltkrieges begonnen. Man muss sich dazu nur noch einmal die Ziele der NATO in Erinnerung rufen, wie der erste NATO-Generalsekretär diese formuliert hat: „Amerika in Europa zu halten, Russland draußen zu halten und Deutschland klein zu halten“. Daran hat sich nichts geändert außer, dass sich auch Deutschland diesen Zielen in preußischer Militärtradition masochistisch unterworfen hat. Und Russland, das sich von Anfang an gegen die NATO und deren Osterweiterung gewehrt hat, hat jetzt, nachdem auch noch die Ukraine in die NATO aufgenommen werden sollte, wie Amerika das seit Jahren fordert und nicht verbindlich ausgeschlossen hat, dieser Hinhaltetaktik mit dem Beginn einer militärischen Neutralisierung der Ukraine ein Ende bereitet, nachdem alle entsprechenden diplomatischen Bemühungen gescheitert waren.

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    Günter Guttsche 2 Jahren

    „Wenn so weiter gedacht und gehandelt wird, wie bisher, Nein! Wer die Welt mit Kriegen beglücken will, vernichtet sie. Und das, liebe Mitmenschen, betrifft alle Seiten!,
    Sie sagen esHerr. Dr. Mersmann:
    Was ich nicht verstehe, ist die komplette Abwesenheit einer Position:
    Könnte der Westen sich selbst vor allem erst mal klar zu machen: Man wird Russland nicht die Krim nehmen können mit Schwarzmeerflotte. Und für die historisch gewachsene russische Bevölkerung in den strittigen Gebieten des Donbas muss man endlich einvernehmliche Lösungen suchen aushandeln und realisieren.Eben Minsk II umsetzen.
    Die Perspektive der Ukraine kann nicht Mitgliedschaft in der NATO sein. Und eine Mitgliedschaft in der EU ist in sofern ein Problem, als das sie geo- und militärstrategisch in der internationalen Politik gegenüber Russland faktisch NATO ist.
    Wir sind Zeugen der grössten Niederlage der EU-NATO-USA-Politik seit…
    …ich weiss es nicht. Welche Fehlentscheidungen in der Vergangenheit noch schlimmer waren. In Afghanistan, im Irak, in Syrien war das Schlachtfeld gefühlt schön weit weg. Nun ist es nur noch eine halber Tag Zugfahrt.
    Ich glaube es hätte weit früher eine Tür, ein Fenster, eine Lösung für die Ukraine gegeben – und vielleicht gibt es das noch – hätte man seitens des Westen für die Ukraine Neutralität und Entmilitarisierung gedacht. Aber war das gewollt?