Weg mit den Sanktionen!

Weg mit den Sanktionen!

Die Corona-Krise zerstört die nationalen Volkswirtschaften rund um den Erdball. Es wird unter den Staaten keinen Gewinner nach dem Ende der Krise geben – alle werden zu den Verlierern gehören. Die Weltwirtschaft wird um Jahre zurückgeworfen: Schuldenberge werden wachsen, Gesellschaften verarmen, Innovationen zurückgestellt, Geldreserven verbraucht. Jede weitere Woche, in der ganze Staaten, Volkswirtschaften und Gesellschaften in Quarantäne sitzen, bedeutet einen weiteren Nagel in den Sarg der Globalisierung.

Die EU wirkt hilflos, sie wird für die Lösung der Corona-Krise nicht gebraucht. Nachdem Europa mit Ach und Krach zwei mörderische Krisen gerade erst durchgestanden hat (Finanzkrise 2009 und Flüchtlingskrise 2015), kehrt es für Monate oder Jahre in den Modus der Nationalstaatlichkeit zurück. Jeder Staat kann sich in der Krise nur selbst retten. Für das vielbeschworene Zusammenhaltgefühl der EU ist das eine Katastrophe und Lektion für die Zukunft. Die EU ist auf den Prüfstand gestellt worden.

Der russische Senator Konstantin Kosatschow, der von manchen als Nachfolger von Sergei Lawrow als Außenminister gehandelt wird, hat jetzt einen bedeutenden Vorschlag gemacht. Die UNO solle alle Sanktionsregime in der Welt für die Zeit der Corona-Krise aufheben. Statt sich mit Handelskriegen und Sanktionen gegenseitig zu beschädigen, sollten die Staaten und Völker dieser Welt in der Stunde des Leids zusammenhalten- und solidarischen Humanismus bezeugen.

Zunächst müssen die USA ihre Sanktionspolitik gegenüber dem Iran unterbinden. Der Iran ist vom Ausmaß der Carona-Krise, neben Italien, am stärksten betroffen. Die Bevölkerung benötigt dringend Zugänge zum internationalen Pharmazie-Markt, Medizintechnik und Krediten. Dasselbe gilt für Nordkorea. Westliche Sanktionen haben in diesen Ländern zur Zerstörung der Wirtschaften geführt, aber sie dürfen keine Menschenleben vernichten. Wie will der hochmoralische liberale Westen dies mit seinem Gewissen vereinbaren?

In Deutschland fordern die AfD und die Linke vehement den Abbau der EU-Sanktionen gegen Russland. Im Kampf gegen die Corona-Seuche muss die EU auf medizinischer Forschungsebene mit der Großmacht Russland zusammenarbeiten. Den Einbruch des eigenen Binnenmarktes kann Deutschland nur mit neuem Export, Handel und technologischer Kooperation auf dem riesigen russischen Markt wettmachen. Dafür muss die EU über ihre ideologischen Barrieren springen und verstehen, dass nach dem Ende der Corona-Krise alles einer Zäsur unterworfen wird. Neben einer Allianz für Umwelt- und Klimaschutz werden die Europäer eine Allianz im Gesundheitsschutz mit Russland aufbauen müssen. Nicht mehr Atomraketen, sondern Pandemien und Klimazerstörung sind die neuen Herausforderungen für die Sicherheitspolitik Europas.

Noch hat das nicht jedermann in der EU begriffen. Der Auswärtige Dienst der EU veröffentlichte kürzlich ein Papier, in dem wieder Russland vorgeworfen wird, die Corona-Krise zu missbrauchen, um Panik und Unmut in der EU zu schüren. Mit dem Ziel, den Westen zu schwächen. Statt gegenseitige Hilfe und Solidarität im Unglück zu zeigen, will so mancher stattdessen Aggressionen schüren, um ein Zusammengehen zwischen Westen und Russland zu verhindern.

Sanktionen zwischen Russland und der EU müssten schon deswegen abgebaut werden, weil beide Seiten in und nach der Corona-Krise bei der zwingend notwendigen Neuordnung Europas auf neues Vertrauen angewiesen sind. Dabei bleibt offen, inwieweit Russland vom Abbau der Sanktionen profitiert. Deutschland wird seine Wirtschaft durch die Wiederaufnahme der alten Exportlinien nach Osten kurieren wollen. Russland hat aber inzwischen eigene Produktionsstätten errichtet und den Warenverkehr mit Asien intensiviert. Es wird die alten westlichen Warenströme vermutlich nicht mehr brauchen.

Während die EU den eigenen Laden dichtmacht und der Graben zu den USA immer tiefer wird, laufen in China die Wirtschaftsmotoren und der globale Export wieder an. Moskau und Peking und andere asiatische Staaten beginnen, Strategien für die Zeit nach der Corona-Krise zu entwickeln. Im Westen will das kaum jemand wahrhaben. Die Europäer müssen aufpassen, am Ende nicht als ganz große Verlierer in der Geschichte dazustehen.

 

COMMENTS

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    Frank Werner 5 Jahren

    Das scheint eine ewige Hoffnung Russlands und dessen Apologeten zu sein, dass die EU zerbricht. Aber sie wird gestärkt hervorgehen, weil ein einzelner Staat solche Krisen nur schwer bewältigen kann. Das wird auch GB schneller merken, als sie es sich je gedacht hätten.

    Hilfe für die Menschen (Medizin etc.) ist wohl selbstverständlich – und da gibt es ja nur die Selbstsanktionen Russlands (schon vergessen?).

    Die anderen Sanktionen müssen natürlich bleiben, es sei denn der Krieg in der Ost-Ukraine wird endlich, sowie die Besetzung der Krim, beendet. Die Beendigung der Einmischung in der Ukraine die die kriegerischen Handlungen dort sollten zumindest ein Anfang sein.

    Und Großmacht ist Russland nur im Sinne eines imperialen Anspruches, basierend auf dem Besitz von Atomwaffen. In der Forschung, insbesondere der medizinischen Forschung, spielt Russland weitgehenst nur eine untergeordnete Rolle.

    Das die Sanktionen im medizinischen Bereich gegenüber dem Iran zu lockern sind sollte selbstverständlich sein. Da stimme ich ihnen zu.

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    Anja Böttcher 5 Jahren

    Ihr Wort in der EU-Granden Ohr – bzw. in dem gerade der über Jahre identitär und ideologisch vernebelten Transatlantiker.

    Wenn die EU nicht umsteuert, wird sie zerbrechen. Die USA haben gerade bewiesen, dass sie kein Partner für Europäer sein können – durch den versuchten Coup, die Forschungsergebnisse der mit deutschen Steuergeldern und von der internationalen Organisation CEPI geförderten Firma CureVac exklusiv für die eigene Bevölkerung zu sichern, obgleich die der ganzen Welt zur Verfügung stehen sollten.

    Auch wird die Art und Weise, wie Trump auf einmal den bislang von den USA verschmähten Sozialstaat entdeckt und mit Dollar um sich schmeißt, um seine Wiederwahl zu sichern, den Dollar als Weltleitwährung schreddern. Zwar ist die Umkehr zum Sozialstaat höchst sinnvoll, aber wer derart die Gelddruckmaschine anwirft, wie Trump das vorhat, lebt unter der naiven Vorstellung, der Rest der Welt werde auf ewig die Schulden der USA aufkaufen. Geschieht das nicht, werden die USA unter der Schuldenlast zusammenbrechen.

    Der sogenannte „Westen“ ist tot – und er ist übrigens unter einer tyrannisch sich gebärdenden USA zum größten Feind von Demokratie und Rechtstaatlichkeit, die er seit 1999, erst recht aber nach dem Irakkrieg und der blutigen Zerstörung Lybiens, mit den Füßen getreten hat. Europa wird Demokratie nur bewahren können, wenn es zur Achtung anderer Ländern und zu einer Politik der Kooperation zurückfindet – was nur ohne die USA geht.

    Ich hoffe, dass die Einsicht durch die Corona-Krise wächst, dass dieser Globus klein und zerbrechlich ist und wir globale Solidarität brauchen.

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      Elisa 5 Jahren

      Fraglich, ob der Inhalt Ihres letzten Satzes bei den raffgierigen Oberschichten tatsächlich ankommt, diese wähnen sich mit Selbstverständnis geradezu unverwundbar. Sonst würden sie viel umsichtiger mit dem Krieg-Entfachen umgehen.

      Tatsache ist, dass jetzt alle Menschen rund um den Globus, egal in welchen Branchen sie arbeiten und ihr Auskommen finden, egal zu welcher Gesellschaftsschicht sie gehören, dass sie alle realisieren müssen, wie intensiv abhängig die Nationen voneinander sind. Die Wechselbeziehungen der Staaten zueinander in Wirtschaft und Politik prägen täglich deren Existenz -mehr als das jemals realisiert wurde. Die Krise wird das allen schmerzlich zu spüren geben. Verhandeln und Kompromisse finden für eine erspriesslliche Co-Existenz, das würde allen weit mehr zum Wohle gereichen, als Kriege anzetteln, auch wenn da und dort mal nicht die optimale Lösung gelebt werden kann.

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