Euroskeptiker und Populisten wollen nach Moskau, allerdings stehen ihre Ziele im Widerspruch zu innen- und außenpolitischen Interessen Russlands
„Ekspert“ Nr. 28 (1082) vom 9. Juli 2018
http://ekspert.ru/ekspert/2018/28/rossyja-v-seti-krajne-pravyih
Von Veronika Krascheninnikowa, Mitglied der Gesellschaftskammer der RF, stellvertretende Vorsitzende der Kommission für Entwicklung der gesellschaftlichen Diplomatie.
Der Sieg der Brexit-Anhänger beim Referendum löste in manchen russischen Kreisen eine Welle der Begeisterung aus: Endlich werden die britischen Liberalen die Konsequenzen für ihre Intrigen gegen Russland tragen – ab jetzt geben die Konservativen in Moskau und London den Ton an!
Mit noch mehr Begeisterung wurde der Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl in den USA gefeiert: Nun wird „unser“ Trump all denen Сlintons, Obamas und sonstigen Demokraten im Sortiment zeigen, wo der Hammer hängt – öffnet den Champagner!
Die Siegesserie der „systembekämpfenden“ Kräfte wurde von den Euroskeptikern in der EU fortgesetzt. Im letzten Jahr wurden sie bei den Parlamentswahlen in vier Staaten Dritte und machten den traditionellen Regierungsparteien das Leben schwer. In der Regierungskoalition Österreichs ist seit Dezember 2017 die FPÖ vertreten, ihr Chef Heinz-Christian Strache wurde Vize-Kanzler und Sportminister. Im Ergebnis von langen Koalitionsmanövern wurde die Alternative für Deutschland zur wichtigsten Oppositionspartei im Bundestag. Die italienische Lega Nord zog im März dieses Jahres in die Regierung ein, ihr Chef Matteo Salvini bekam die Posten des Vizepremiers und des Innenministers, somit kontrolliert er praktisch den gesamten Sicherheitsapparat des Staates. Zwar wurde in Frankreich der Front National mit Marine le Pen an der Spitze aus dem Feld geschlagen, dennoch erhielt die Partei acht Mandate in der Nationalversammlung und spielt weiterhin eine bemerkbare Rolle in der französischen Politik.
Scheinbar haben deren Sympathisanten in Russland tatsächlich allen Grund zur Freude. Die Euroskeptiker und „Konservative“ pilgern gern nach Moskau, sogar auf die nicht anerkannte Krim, verlangen Aufhebung der Sanktionen gegen Russland, treten als loyale Beobachter bei den russischen Wahlen auf und kommentieren regelmäßig die Ereignisse im russischen Fernsehen zu Gunsten Russlands. Sie zerrütten die EU von innen, zerstören die Einheit des Brüsseler Monoliths und bieten sich als Lobbyisten Russlands im Europarlament an. Die Freiheitliche Partei Österreichs und die italienische Lega Nord unterzeichneten sogar Abkommen über die Zusammenarbeit mit der Partei Einiges Russland (ER), und die Junge Alternative für Deutschland kooperiert mit der „Jungen Garde“ von ER. In diesem Jahr kreuzten sogar die führenden Figuren des Front National zur Feier des Siegestages in Moskau auf.
Aber warum werden diese Parteien in ihren Ländern von den meisten Menschen derart scharf abgelehnt? Was wissen die Europäer über Euroskeptiker und Rechtspopulisten, was wir nicht wissen? Und welche Risiken birgt die Zusammenarbeit mit diesen Kräften?
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Von Beginn ihrer Regierung an machten sich die „systemfeindlichen“ Angelsachsen daran, die russischen Erwartungen zu enttäuschen. Die Brexit-Sieger unter der Führung von Theresa May beschuldigten Russland einer ganzen Reihe von „Verbrechen“ und legten eine lange Liste von „Strafen“ vor. Präsident Trump begann seinerseits damit, dass er die Schlüsselposten im Sicherheits- und Finanzsektor mit den aggressivsten Kräften seines Kaderbestandes besetzte. Im Ergebnis durchbrach die Administration des russischen Favoriten Trump sämtliche Schallmauern, was die Anzahl und Impertinenz der antirussischen Entscheidungen betrifft. Wenig tröstend ist dabei die Tatsache, dass Trump dies alles im Rahmen des internen Machtkampfes tut, beziehungsweise damit beweisen will, dass ihn nichts mit Russland verbindet – das Ergebnis bleibt dasselbe.
Natürlich sind die politischen Personen des amerikanischen Establishments alles andere als reine Engel. Die gesamte Nachkriegsgeschichte der Vereinigten Staaten ist eine nicht enden wollende Kette von Kriegen, die sie auf der Jagd nach Überprofit initiierten. Natürlich steht auch die EU vor gigantischen Problemen: sie dient nicht mehr den Bürgern, sie artete in die „bürokratische Borniertheit“ aus, von der Präsident Wladimir Putin in seiner Botschaft an die Föderalversammlung im Februar sprach. Natürlich kleben die regierenden Parteien in Europa an der Macht und haben sich oft – wie die französischen, deutschen und italienischen Sozialdemokraten – in den Augen ihrer Bürger um allen Glauben gebracht, indem sie die Ideale der Gerechtigkeit und des Sozialstaates für die Möglichkeit, an der Macht zu bleiben, verrieten. Das bedeutet, dass die Europäische Union tiefgreifende Systemreformen braucht, jedoch nicht den totalen Abriss.
Was schlagen nun die Euroskeptiker und Populisten vor? Und wer sind sie in Wirklichkeit?
Zeigen Sie Ihre Werte vor!
Die erste Amtshandlung des neuen italienischen Innenministers und Chefs der Lega Nord Matteo Salvini war die Sperrung der Häfen für ein Schiff mit Migranten. Die zweite Entscheidung in Fragen der Migration war die Zählung aller Sinti und Roma mit der Absicht, diejenigen ohne italienische Staatsbürgerschaft auszuweisen. Diese Maßnahmen gegen Sinti und Roma begründet Salvini mit der Notwendigkeit, „dem Krawall und der Gesetzlosigkeit“ entgegenzuwirken, und – sie werden es nicht glauben! – mit dem Bestreben, den Familien und Kindern zu helfen, „Diskriminierung und Entwürdigung zu überwinden“. „Italiener über alles!“ lautet das Motto der Lega.
Der ehemalige Ministerpräsident Italiens Paolo Gentiloni beurteilt Salvinis Aktivitäten so: „Gestern Flüchtlinge, heute Sinti und Roma, morgen wird auf alle geschossen“. Zumal es in der Geschichte Italiens eine solche Periode bereits gab.
Alle Rechtspopulisten vereint die Ideologie des Hasses gegen Flüchtlinge, Migranten und Moslems, Rassismus, Chauvinismus und Gewalttrieb, das Bestreben, die bestehende politische Ordnung zu zerstören, und zentristische Parteien aus dem Machtbereich zu fegen. Der Antisemitismus floriert ebenfalls, wie schon immer bei den Ultrarechten, darf jedoch wegen der strengen europäischen Gesetze nicht öffentlich deklariert werden, obwohl den Machern der Kragen regelmäßig platzt. Diese Parteien wurzeln oft in denjenigen nationalen Strukturen, die mit dem Dritten Reich liiert waren: das Vichy-Regime und die SS-Division „Charlemagne“ im Falle des Front National oder der österreichische Teil der NSDAP im Falle der FPÖ. In Deutschland und Italien erfolgte die Denazifizierung nur teilweise, denn die Faschisten in Europa waren für Washington im Kampf gegen die Linke und Gewerkschaften, sogar für die Terroranschläge unter fremder Flagge (siehe Operation „Gladio“) mehr als nur einmal nützlich.
Was wollten nun die Mitglieder des Front National am 9. Mai in Moskau eigentlich feiern – den Tag der Trauer etwa? Denn die Leute aus dem nächsten Dunstkreis von Marine le Pen feiern nach wie vor den Geburtstag von Hitler, den sie unter sich „Onkelchen“ betiteln, beziehungsweise benutzen Nazi-Symbolik und Nazi-Grüße. Die französische Journalisten Marine Turchi und Mathias Destal beschreiben in ihrem investigativen Buch „Marine weiß über alles Bescheid“ („Marine est au courant de tout…“) diese und andere „Traditionen“ sowie dunkle Machenschaften und gefährliche Verbindungen des Front National.
Aktuell ist das Thema „Flüchtlinge und Migranten“ das lukrativste für die europäischen Ultrarechten. Wenn es sie nicht gäbe, sollte man sie erfinden. Die Flüchtlinge an sich sind für die Ultrarechten kein Problem, denn sie verkörpern die Möglichkeit, an der Macht beteiligt zu werden. Wie es schon immer in der Geschichte war, müssen die Ultrarechten die Schuldigen „benennen“, um diese dann als Trainingsobjekte für Hass und Gewaltmuskulatur zu nutzen.
Als wichtigste „Brechstange“ in den Händen der Ultrarechten bei der Bekämpfung der zentristischen Regierungen dient dabei die Kritik der Aufnahme von Migranten, obwohl das Problem eben in Deutschland schon längst entschärft ist. Wurden 2015, als die meisten Migranten nach Deutschland gekommen waren, vom Innenministerium 890 000 Asylanträge registriert, so sank diese Zahl 2016 um zwei Drittel (280 000) und 2017 um ein weiteres Drittel (186 000), die meisten Anträge stammten von Bürgern Syriens sowie auch von solchen aus Afghanistan, dem Irak, dem Iran, Eritrea und Albanien. Aber selbst 2016, als die Kritik noch nicht so heftig war wie heute, bewilligte die deutsche Regierung nur 57% der Anträge von syrischen Kriegsflüchtlingen, ein Fünftel der Anträge von Afghanen und nur 2% von Pakistanis. Für das bevölkerungsreichste Land der EU (Deutschland zählt 83 Millionen Einwohner) mit der stärksten Wirtschaft sind diese Zahlen recht bescheiden.
Noch im Januar des laufenden Jahres beharrte der konservativere, bayerische Teil der regierenden Koalition CDU/CSU auf der Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen. Nun verlangt CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer die Reduzierung dieser Quote: Im Herbst sind Wahlen, es gilt den rechten bayerischen Wählern den Kampf gegen Berlin und Brüssel zu demonstrieren.
Auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz beschloss, die Konservativen in Bayern zu unterstützen: Über den Kopf seiner Kollegin Angela Merkel hinweg traf er sich mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Am 13. Juni schlug Kurz Deutschland und Italien vor, eine „Achse der Willigen“ für die Bekämpfung der illegalen Migration zu bilden.
Bedeutet dies, dass in Europa eine Achse Österreich-Deutschland-Italien entsteht, wie in alten Zeiten? Sind die heutigen Tage etwa ein Äquivalent zum Beginn der 30er Jahre? Der Weg des völlig unbekannten Gefreiten zum Führer begann gerade in Österreich und Italien war das erste Land in Europa, in dem im Jahre 1922 der Faschismus seine Macht offiziell festigte.
Es sei gesagt, dass das Migrantenthema für die Ultrarechten kein neues ist: Noch Anfang der 90er Jahre haben Neonazis in Deutschland türkische Gastarbeiter, die das deutsche Wirtschaftswunder mitgestalteten, zusammengeschlagen und sogar getötet. Nach offiziellen Angaben wurden 1991 1.483 rassistisch begründete Gewalttaten registriert – zehnmal mehr als deren Gesamtzahl in beiden Teilen Deutschlands im Jahre davor. Ein Tötungsverbrechen am 23. Mai 1993 in Solingen, als „Sieg Heil!“ schreiende ortsansässige Nazis das Haus einer türkischen Familie, die seit 23 Jahren in Deutschland lebte, anzündeten und so den Tod von drei Mädchen und ihrer Mutter herbeiführten, erschütterte ganz Deutschland.
Noch etwas ist bemerkenswert. Bei aller gegen die Immigration gerichteten Hysterie macht keine der ultrarechten Parteien Front gegen die wahren Ursachen des Migrantenstroms – die von der NATO und von den USA geführten Kriege im Nahen Osten und in Nordafrika. Die Sache ist die, dass diese in Wirklichkeit nichts gegen die USA oder NATO haben. Sie sind für die aggressiveren USA – die USA des Donald Trump, die ihre eigenen Zentristen zerstören müssen. Aggression und Gewalt sind Hauptinstrumente zur Lösung von Problemen für Ultrarechte zu allen Zeiten in allen Ländern und der Grad der Gewalt wird in dem Maße steigen, in dem sich die Leute an die neuen Regierungsmethoden gewöhnen werden.
Zusammen mit Trump gegen ein einheitliches Europa?
Der von Trump ernannte, neue US-amerikanische Botschafter in Deutschland Richard Grenell erklärte Anfang Juni explizit seine Unterstützung für antieuropäische Kräfte: „Ich will absolut zweifellos die Konservativen in ganz Europa inspirieren.“ Grenell sprach darüber in einem Interview mit der britischen Version des ultrarechten Portals Breibart News. Sein geistiger Vater Stephen Bannon fasste Fuß in Italien, nachdem er aus dem Weißen Haus verbannt wurde. Seitdem reist er durch Europa und unterstützt die dortigen Ultrarechten.
„Sie sollen euch Rassisten nennen. Sie sollen euch Fremdenhasser nennen. Sie sollen euch Nativisten nennen. Tragt das wie ein Ehrenzeichen“, so inspirierte Bannon die Mitglieder der Front National auf ihrem Parteitag in Lille am 10. März dieses Jahres. Die „Nativisten“ sowie „Identitaristen“ sind moderne Variationen der Bestimmung der Völker nach dem alten Nazi-Prinzip „Blut und Boden“ mit anschließender Vertreibung all derjenigen, die vom „falschen Blut“ und nicht auf „diesem Boden“ geboren sind.
Die Euroskeptiker und „Konservativen“ wollen gemeinsam mit Trump das „System“ zerstören und „den Sumpf trockenlegen“. Die Trump-Administration arbeitet auf die Spaltung Europas hin, denn Washington braucht kein starkes Europa: Selbst die USA können die gigantische gemeinschaftliche Wirtschaft und den schwerfälligen Bürokratieapparat nicht vom Fleck bringen. Die wichtigsten EU-Staaten auseinanderzubringen und anschließend einzeln zu zerstampfen, wäre dagegen ein hervorragender Plan der Bekämpfung der Konkurrenten im Stil von Trump.
Was aber wollen sie im Gegenzug aufbauen? Ein „Europa der Nationen“ wie in den 30er Jahren? Ein Europa nationalistischer Staaten mit endlosen gegenseitigen Territorial- und Handelsansprüchen? Ein Europa, das zwei Weltkriege entfesselte und Russland in diese hineinmanövrierte, welches in diesen Kriegen die schwersten Verluste erleiden musste?
Die Folgen für Europa und für Russland
Solche Details kennt in Russland kaum jemand. In europäischen Ländern dagegen sind die wahren „Werte“ und Bestrebungen der Ultrarechten kein Geheimnis. Die breite Mehrheit der Europäer lehnt sie kategorisch ab. Über 60% der Franzosen erklären, dass sie niemals für die Front National stimmen würden. Deshalb, wenn sich Marine Le Pen positiv über Russland äußert, wollen die meisten Franzosen nichts von einem solchen – zu Marine Le Pen freundlichen – „Russland“ hören. Alles Negative, was die Generationen von Le Pens akkumulierten, wird auf unser Land übertragen.
Die russischen Kontakte zu europäischen Ultrarechten wurden unter dem Vorwand geknüpft, zu „zeigen, dass Russland nicht isoliert ist“ und weil „andere keinen Umgang mit uns wollen“. Offensichtlich jedoch ist, dass die Assoziation mit Ultrarechten zu noch mehr Isolation führt und einen riesigen Fleck auf die Reputation des Landes setzt, so dass wir viele reale und potentielle Mitstreiter verlieren. Zurzeit wird laufend damit argumentiert, dass „dies keine marginalen Kräfte mehr sind, die sind an der Macht“. Ja, das stimmt, die Ultrarechten gewinnen immer mehr Macht in Europa, aber es ist kein Grund zur Freude, sondern einer zur Aufregung, kein Grund ihnen zu helfen, sondern einer, ihnen entgegenzuwirken. Präsident Putin hat nie davon gesprochen, dass Russland mit Trägern von Hass- und Gewaltideologie zusammenarbeiten soll.
Die Ultrarechten in Europa bekommen vom Umgang mit Russland nur Dividende. Sie werden nicht nur national, sondern auch zugleich international legitimiert. Es kostet sie nichts, ein paar unterstützende Worte in Richtung Russland zu artikulieren, dafür bekommen sie kostenlose Werbung in russischen Medien und öffentliche Anerkennung. Und manche – wie der Front National – einen mehrere Millionen schweren Kredit, den man wegen der Insolvenz der kreditgebenden Bank sogar nicht zurückzuzahlen braucht.
Es erübrigt sich zu erwähnen, dass nationalistische Stimmungen und beliebige Bestrebungen der ultrarechten Couleurs für ein multiethnisches, polykonfessionelles Land den direkten Weg in den Zerfall bedeuten. Und dieser Weg ist auch noch kürzer als die „liberale“ Allianz mit dem Westen, die die „Konservativen“ und notorischen Hurrapatrioten überschwänglich kritisieren. Die Ultrarechten in Europa treten ihren Liberalen nur taktisch entgegen, in Wirklichkeit lösen sie die gleichen Probleme des Kapitals, nur mit radikaleren Mitteln. Die Ultrarechten in Europa sind genau die USA- und NATO-hörige Kräfte, die bereit sind, die radikalsten Mittel in ihrer Politik einzusetzen.
Und wie fühlen sich die Moslems, die im öffentlichen deutschen Fernsehen Berichterstattung erleben, die die AfD lobt? Genau die Partei, in deren Programm steht: „der Islam ist kein Teil Deutschlands“. Die meisten Äußerungen dieser Parteien in Bezug auf die Moslems würden in Russland dem § 282 des Strafgesetzbuches unterliegen: „Schüren von Hass oder Feindseligkeit sowie Entwürdigung“ beziehungsweise § 280 „Öffentlicher Aufruf zur Ausübung extremistischer Tätigkeit“. Es werden sich in Russland genügend Kräfte finden, die willig sind, die antiislamische Karte „wie in Europa“ auszuspielen, während Wladimir Putin im Januar dieses Jahres sagte: „Der Islam ist ein Teil des russischen Kulturcodes“ und „Die Moslems sind ein wichtiger Bestandteil des multinationalen russischen Volkes“.
Eine abwegige Wahl
Die Welt ist nicht nur schwarz-weiß gefärbt. Neben „Liberalen“ und „Konservativen“ gibt es genügend andere politische Strömungen. Es besteht keine Notwendigkeit, sich in die Situation einer abwegigen Wahl zu jagen.
Bei all ihren – sehr ernsten – Problemen werden die Mainstream-Parteien in Europa nicht von der Bildfläche verschwinden. Mit ihnen zu arbeiten ist kompliziert, dennoch kann Russland diese Arbeit nicht vermeiden. Es stimmt, dass Deutschland in Form der Weimarer Republik nicht freundlich gegenüber Sowjetrussland war, aber das Dritte Reich wies schon ein ganz anderes Niveau der Feindseligkeit auf.
Die Arbeit Russlands mit europäischen Machtparteien trägt bereits Früchte. Beim Weltwirtschaftsforum in Sankt Petersburg trat der französische Präsident Emmanuel Macron sogar in Wettbewerb um die Investitionsvolumina mit der Bundeskanzlerin Merkel, die Präsident Putin eine Woche davor besuchte. Immer weitere politische Kreise in Europa erkennen die Nachteiligkeit und Unzulänglichkeit der Politik der Sanktionen, in den Gesellschaften überwiegt die Stimmung für konstruktive Beziehungen.
Russland ist ein Beispiel für den erfolgreichsten Staat der Welt, in dem Christen und Muslime jahrhundertelang zusammenlebten und sich zusammen entwickelten. Es wäre für die europäischen Staaten von Nutzen, diese Erfahrungen zu übernehmen. Auch könnten die Europäer von uns lernen, wie man Flüchtlinge aufnimmt. Als im Frühjahr 2014 in der Ukraine Kriegshandlungen gegen die Bevölkerung des Donbass begannen, nahm Russland innerhalb von einigen Monaten über anderthalb Millionen Zwangsmigranten auf. Die Exekutive fand Mittel für die Koordinierung der Handlungen, die Gesetzgeber passten die Gesetze an und bei der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligten sich praktisch sämtliche Regionen Russlands. Mehr noch: die Regionen luden von sich aus Menschen mit solchen Berufen ein, an denen es vor Ort mangelte.
Schließlich besitzt Russland ebenfalls Werte, von denen heutzutage viel geredet wird. Ein multinationales Land, Erbe des großen Sieges über den Faschismus, in dem der Tag des Sieges der wichtigste vereinende Festtag ist, in dem zum Gedenkmarsch des „Unsterblichen Regiments“ über 10 Millionen Menschen kommen – ein solches Land kann keine Allianzen mit heutigen Erben des zerschlagenen Dritten Reiches und Hasspropagandisten knüpfen.
Profile der Parteien
Der Front National
Die Partei „Le Front National“ wurde 1972 auf Initiative der neofaschistischen Organisation „Neue Ordnung“ (Ordre Nouveau) als legale Schaufensterauslage für die Teilnahme an Wahlen gegründet.
Jean-Marie le Pen war von der Gründung bis 2011 Präsident der Partei. Le Pen, der an den französischen Kriegen gegen die Unabhängigkeit Indochinas und Algeriens teilnahm, wurde 1956 Abgeordneter der Nationalversammlung Frankreichs. Zum Vizepräsidenten des Front National wurde François Brigno gewählt, früheres Mitglied der kollaborationistischen Partei „Nationaler Zusammenschluss des Volkes“ sowie der Miliz der Vichy-Regierung, worauf er noch ein halbes Jahrhundert später stolz war. Der zweite Vizepräsident, Roger Holandre, diente früher in der Organisation der geheimen Armee (OAS) und gründete die „Front des französischen Algeriens“, beide kämpften gegen die Unabhängigkeit Algeriens (die OAS organisierte Attentate auf Präsident de Gaulle). Zum Schatzmeister der Partei wurde Pierre Busquet, „Rottenführer“ der französischen SS-Freiwilligendivision Charlemagne erkoren. Weitere Führungsgrößen des Front National sind von ähnlicher Provenienz.
Einen Einblick in die Weltanschauung Le Pens lieferte 1992 sein Mitstreiter und Berater Leon Degrelle, Volksführer Belgiens während des Zweiten Weltkrieges, Kommandant der 28. SS-Freiwilligendivision Wallonien, den Hitler fast wie seinen eigenen Sohn behandelte. Auf die Frage, was Le Pen von Hitler halte, antwortete Degrelle lachend „Sie zwingen mich, schreckliche Dinge zu erzählen. Ich glaube, er bewundert ihn stark.“
Seit den 80er Jahren bis zuletzt wiederholte Le Pen trotz gerichtlicher Verfolgung und Bußgeldzahlungen immer wieder, dass die Gaskammern der Nazis „nur eine Episode in der Geschichte des 2. Weltkrieges“ seien, und machte antisemitische und antiislamische Äußerungen.
Das alles störte die Partei nicht, auf die Positionen des Atlantismus und des liberalen Kapitalismus zu beharren. Der Fall der Berliner Mauer 1989 öffnete allerdings den Weg ins Lager des Nationalismus, gegen den „Mondialismus“. Nach dem Krach des Sozialismus in der UdSSR entdeckte der Front National in Russland für sich einen weitläufigen politischen „Markt“ und nutzte die Wirren der 90er Jahre, um Beziehungen mit der russischen ultrarechten Flanke aufzubauen.
Mit seinem von Rassismus und Demagogie nachhaltig geprägten Leumund sammelte Le Pen Stimmen, indem er versprach, illegale Migranten auszuweisen, aus dem Schengener Abkommen auszutreten, ein Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe abzuhalten und den Euro abzuschaffen. Er nutzte die wachsende Proteststimmung und Unzufriedenheit der Wählerschaft mit den abwechselnd regierenden Republikanern und Sozialdemokraten.
Bei den Präsidentschaftswahlen 1995 sammelte Le Pen bereits 15% der Wählerstimmen (vierter Platz) und 2002 erreichte er sensationell den zweiten Wahlgang, indem er den Sozialisten Lionel Jospin mit knapp 1% Mehrstimmen schlug. Im zweiten Wahlgang schlossen sich alle Parteien für Jacques Chirac und gegen Le Pen zusammen, so dass Chirac mit einer überwältigenden Mehrheit – 82,2% gegen 17,8% – siegte.
Im Jahre 2011 übernahm die Tochter von Jean-Marie Le Pen Marine den Parteivorsitz mit dem Hauptziel, den Front National zu „entdämonisieren“ und von seiner xenophoben Reputation sowie von seinen fremdenfeindlichen Mitgliedern zu befreien. In ihrer unmittelbaren Umgebung, auf dem Posten des Schatzmeisters und auf Referentenposten blieben die Jugendfreunde Frédéric Chatillon, früherer Anführer der neonazistischen Studentengruppe „Union der Verteidigungsgruppen“ (GUD), und Axel Loustau, Mitglied der GUD. Der oben erwähnte Roger Holandre spricht von den beiden folgendermaßen: „Natürlich bin ich ein Rechter, vielleicht sogar Ultrarechter, aber ein Hitler-Anhänger war ich nie. Diese Jungs stehen mit Sicherheit rechts von uns.“ 1992 traf sich Loustau mit Degrell mit den Worten: „Mon General, das ist eine sehr große Ehre für mich.“
Bei den Präsidentschaftswahlen von 2012 belegte Marine Le Pen den dritten Platz mit fast 18% der Wählerstimmen. Bei den Wahlen ins Europaparlament 2014 siegte die Front National völlig unerwartet mit knapp 25% Stimmen (24 Sitze) und versetzte Frankreich und ganz Europa in den Schockzustand. Bei den Präsidentschaftswahlen 2017 erreichte Le Pen den zweiten Wahlgang und sammelte 39,9% der Stimmen gegen 66,1% von Emmanuel Macron, bei den Parlamentswahlen im Juni aber zeigte die Partei ein schwächeres Ergebnis (13,2% im ersten Wahlgang, 8,75% im zweiten) und bekam 8 Sitze in der Nationalversammlung.
Im Zuge des weiteren Polierens der Parteireputation schlug Marine Le Pen vor, die Partei umzubenennen, und so heißt die Front National ab dem 1. Juni 2018 Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung). Allerdings ist die neue Parteibezeichnung fast identisch mit der der Kollaborationspartei aus der Zeit des Vichy-Regimes (Nationaler Zusammenschluss des Volkes).
Der aufsteigende Stern der Partei ist die Nichte von Marine Le Pen Marion Marechal Le Pen. Marion gilt im Vergleich zu ihrer Tante als „konservativer“, sie erklärt sich zur „politischen Erbin von Jean-Marie Le Pen“, den sie für einen „Visionär“ hält.
Alternative für Deutschland
Die Partei Alternative für Deutschland (AfD) wurde im April 2013 von Euroskeptikern aus akademischen Kreisen im Rahmen des Protestes gegen die Hilfen für Griechenland, Zypern sowie weitere wirtschaftlich schwächere Länder der Eurozone mit dem Motto „Es wurde genug gefüttert!“ gegründet.
Bei den Bundestagswahlen 2013 erreichte die AfD 4,7% und schaffte die Fünf-Prozent-Hürde nicht. Bei den EU-Parlamentswahlen im Mai 2014 bekam die Partei 7 Sitze. Im Verlaufe der weiteren Jahre wurden Mitglieder der AfD Abgeordnete in 14 von 16 Landtagen.
In der Partei sind verschiedene Kräfte vertreten: Euroskeptiker, Konservative, Rechtspopulisten, Nationalisten, islamfeindlich, fremdenfeindlich und antisemitisch Gesinnte, Rassisten und sonstige rechtsradikale Elemente. Die AfD praktiziert erfolgreich Demagogie, indem sie für komplizierte Probleme einfache Lösungen anbietet, die keine sind.
Als Hauptthema gilt die antiimmigrations- und antiislamisch geprägte Tagesordnung. In dem im April 2016 verabschiedeten Programm wird behauptet: „Der Islam ist nicht Teil Deutschlands.“ Die AfD schafft und nutzt die Angst vor „Islamisierung“, vor einem gewissen „Verfall“ und die Zukunftsängste aus. Auf der einen Seite beschuldigt die AfD Migranten des „Kampfes der Kulturen“, auf der anderen Seite aber fördert die AfD durch ihre Aktivitäten einen solchen Kampf: Die Anzahl der Gewalttaten gegen Flüchtlinge stieg 2015 ums fünffache im Vergleich zu 2014. Als elektorale Reserve der AfD dient die immigrantenfeindliche Bewegung PEGIDA („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“), deren Gründer Lutz Bachmann sich im Hitler-Look präsentierte.
Den Protestwählern präsentiert sich die AfD als „Opfer“ der Medien und des „Systems“, sie beschuldigt Angela Merkel des „Verrats am deutschen Volk“ und positioniert sich als die „Partei der Erneuerung.“
Der innenparteiliche Kampf führte zu einem starken Rechtsdrift: Die Ko-Vorsitzende der Partei Frauke Petri setzte auf nationalistische und antiislamische Rhetorik, unter anderem schlug sie vor, Waffen gegen Flüchtlinge einzusetzen, die die Grenze illegal überqueren.
Im April 2017 jedoch, nach einer Niederlage im internen Kampf gegen eine noch rechter gesinnte Gruppierung mit ihrem Vize Alexander Gauland an der Spitze, musste sie ihren Sessel räumen. Auf diese Weise wurde der Schwerpunkt der Partei seit der Zeit ihrer Gründung immer weiter nach rechts versetzt, in Richtung des Kampfes um die „ethnische Reinheit“ der deutschen Nation. Die Vertreter des gemäßigten Flügels werden von den Radikalen in den Hintergrund gedrängt.
Bei den Bundestagswahlen 2017 bekam die AfD 12,6% der Wählerstimmen und wurde somit zur wichtigsten Oppositionspartei mit dem Recht, im Bundestag gleich nach den regierenden CDU/CSU und SPD zu sprechen.
Zu Fraktionsvorsitzenden der AfD im Bundestag wurden der 76-jährige Alexander Gauland und die bis zu dieser Zeit wenig bekannte 38-jährige Alice Weidel gewählt. Gauland, der an der Spitze des konservativ-nationalistischen Flügels der Partei steht, ist für Äußerungen bekannt, die knapp an der gerichtlichen Verfolgung wegen Neofaschismus vorbeischrammen. Im September 2017 erklärte er, dass er auf die „Errungenschaften der Wehrmacht“ in beiden Weltkriegen stolz sei. Auf dem Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation am 2. Juni 2018 sagte Gauland: „Hitler und die Nationalsozialisten sind nur ein Vogelschiss in 1000 Jahren deutscher Geschichte.“ Der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative Damian Lohr und die Delegierten sangen auch die erste Strophe des Deutschlandliedes „Deutschland, Deutschland über alles…“, die bis jetzt nur die Nazis gesungen hatten, wofür sie sogar von der AfD-Führung gerügt wurden.
Die Ko-Vorsitzende der AfD Alice Weidel ist dazu berufen, Gauland „auszubalancieren“: Die bekennende Lesbe Weidel lebt mit ihrer Lebenspartnerin zusammen und teilt sich mit ihr die Kindererziehung, sie machte Karriere bei der US-amerikanischen Bank Goldman Sachs, einem Symbol des „Globalismus“.
Im Mai 2018 zählte die AfD 30.000 Mitglieder, 85% davon sind Männer. Der deutsche Politologe Hajo Funke erklärt das Prinzip des Rechtspopulismus so: „Wir greifen diejenigen an, die wir für Sündenböcke halten: den Islam, die Migranten. In der Vergangenheit waren es Juden, heute sind es Flüchtlinge, und das riecht nach uferlosem Chaos“, teilt der Experte seine Befürchtungen mit.
Lega Nord (Liga)
Die Lega Nord wurde 1991 als eine Föderation der Regionalparteien einiger Nordprovinzen Italiens ins Leben gerufen. Das Logo der Partei ist die grüne „Alpensonne“, ein vorchristliches heidnisches Symbol der Region.
Bis 2012 blieb Umberto Bossi Vorsitzender der Liga. Seine Lega Lombardia, die für die Autonomie der Region seit 1984 kämpfte, wurde zum Kern der Partei. Bewährungsstrafen, Beschuldigungen der Korruption und Veruntreuung von Parteigeldern u. ä. stören Bossi nicht, bis heute Ehrenpräsident der Lega Nord zu bleiben.
Die Basis der Ideologe der Liga bildet der Rassismus gegenüber der Bevölkerung Süditaliens und der daraus resultierende Separatismus („Es ist genug gefüttert!“). Die Partei behauptete, dass der Süden Italiens die nördlichen Regionen „kolonialisiert“ hätte und diese „ausbeute“.
Später breitete sich der Rassismus auf Immigranten und Flüchtlinge aus, und die alte Losung „Der Norden zuerst!“ wurde durch den aktuelleren Spruch „Italiener zuerst!“ ersetzt. Die Einstellung der Partei gegenüber Ausländern wird von Fremdenfeindlichkeit und Chauvinismus geprägt. Die Ablehnung der EU – sogenannter Euroskeptizismus – wird durch nationalistische Überzeugungen hervorgerufen, nicht selten auch durch Antisemitismus (die EU sei „ein Nest kommunistischer Bankiers und Freimaurer“). Innerhalb der Liga sind Weltverschwörungstheorien stark verbreitet.
Bei den Parlamentswahlen 2008 bekam die Liga ca. 8% der Wählerstimmen, 2013 – ca. 4%. Die EU-Parlamentswahlen brachten der Partei 6,2% der Wählerstimmen.
Im Dezember 2013 wurde Matteo Salvini nationaler Sekretär der Partei. Seit 2014 setzte sich die Liga konsequent dafür ein, ultrarechte Kräfte um sich herum zu sammeln und parallel dazu die Wählerbasis um Rechtszentristen und desorientierte Linke zu erweitern.
Im Mai 2015 erklärte Salvini die Gründung des politischen Blocks „Souveränität“ (Sovranità) gemeinsam mit dem Vizepräsidenten der neonazistischen Organisation Casa Pound Simone di Stefano. Die 2003 gegründete Casa Pound (Haus von Pound) leitet ihren Namen vom US-amerikanischen Dichter Ezra Pound ab, der den italienischen Faschismus bewunderte und das Dritte Reich für den „natürlichen Zivilisierer Russlands“ hielt.
Die Bildung einer breiten Allianz mit den Ultrarechten in der Partei sichert unter anderem auch der EU-Abgeordnete der Liga Mario Borghezio. Der einstige Aktivist in mehrerer neonazistischer Organisationen Borghezio steht unter anderem auch in Verbindung mit Anführern verbotener terroristischer Gruppierungen, die im Rahmen der CIA-Operation „Gladio“ aktiv waren. In den 2000er Jahren arbeitete Borghezio aktiv mit dem Vorsitzenden der italienischen neonazistischen Partei Forza Nuova Roberto Fiore zusammen, der auch Russland besuchte und seine lobbyistischen Aktivitäten im Europarlament anbot.
Die Lega Nord hat nachgewiesenermaßen Beziehungen zur kalabrischen Mafia. Gelder der Liga wurden im Waffenhandel und in Geldwäschetransaktionen entdeckt.
Die Lega Nord hat in Italien mehr Gegner als Anhänger. Jede Kundgebung der Partei ruft eine vielköpfige Gegendemonstration hervor; der Oberbürgermeister von Neapel untersagte Salvini den Besuch in der Stadt. Im September 2015 verweigerte die israelische Botschaft Salvini das Einreisevisum wegen seiner Immigrationspolitik und wegen seiner Beziehungen zu neonazistischen Organisationen.
Im Vorfeld der Parlamentswahlen im März 2018 versuchte die Partei den regional-separatistischen Status abzulegen, indem sie ihre Bezeichnung zu „Lega“ verkürzte. Bei den Wahlen bekam sie über 17% der Wählerstimmen und bildete eine Koalition mit der Bewegung „Fünf Sterne“, die aus widersprüchlichen Kräften besteht. In der Koalitionsregierung wurde Salvini stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister, wodurch er praktisch den gesamten Sicherheitsapparat des Staates unter seine Kontrolle brachte. Eine der ersten seiner Entscheidungen war das Verbot für ein Schiff mit 629 aus Seenot geretteten Flüchtlingen, italienische Häfen anzulaufen. Für die Aufnahme des Schiffes traten die Oberbürgermeister von Neapel, Palermo, Messina und Reggio di Calabria ein. Der neue Innenminister verspricht die Deportation Hunderttausender von Migranten.
Die Freiheitliche Partei Österreichs
Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) wurde 1956 auf Grundlage des Verbandes der Unabhängigen, der gleich nach dem Krieg von österreichischen NSDAP-Mitgliedern im Rahmen des sogenannten Dritten Lagers gebildet wurde, gegründet (der Begriff „Drittes Lager“ wird benutzt, um den Begriff „Faschismus“ zu vermeiden, d. h. „weder Kapitalismus noch Sozialismus“). Zum ersten Parteiobmann wurde auf dem Gründungsparteitag Anton Reinthaler gewählt, ehemaliges NSDAP-Mitglied, SS-Brigadeführer und NS-Landwirtschaftsminister Niederösterreichs. Praktisch der ganze Verwaltungsapparat der Partei bestand aus ehemaligen Wehrmachts- und SS-Offizieren, auch die Wählerschaft war nicht viel anders. In seiner Antrittsrede erklärte Reinthaler: „Der nationale Gedanke bedeutet in seinem Wesen nichts anderes als das Bekenntnis der Zugehörigkeit zum deutschen Volk“.
Der 1958 gewählte zweite Obmann der Partei Friedrich Peter schloss sich 1938 als Freiwilliger der Waffen-SS an, kämpfte an der Ostfront, diente in der Einsatzgruppe, die im Sommer 1941 für die Erschießungen von „Untermenschen“ zuständig war, und brachte es bis zum Waffen-SS-Obersturmführer.
1986 übernahm der nationalistisch-radikal orientierte Jörg Haider die Parteiführung. Seine Eltern waren seit den 30er Jahren Mitglieder in einer illegalen Nazi-Organisation, nach dem Anschluss Österreichs wechselten sie zur NSDAP. Haider leugnete seine nationalsozialistischen Wurzeln nie, hielt sich für einen Deutschen und bestritt die selbständige Existenz der österreichischen Nation. Haider brachte der Partei das ursprüngliche Programm zurück, dessen Grundprinzipien in der Antiimmigrationspolitik und Bekämpfung der europäischen Integration bestanden – zwei nachhaltige Themen der Ultrarechten in Europa und in den USA, ganz unabhängig von Flüchtlingen in Europa und Krisen in Brüssel. Haider forderte die Befreiung der österreichischen Nation von der Kollektivschuld für die Nazi-Verbrechen, was ihm den Leumund eines „Anwalts des Nationalsozialismus“ verschaffte. Als Landeshauptmann Kärntens setzte sich Haider gegen die Sprachrechte der slowenischen Minderheit bis zur Segregation in Schulen ein.
Bei den Parlamentswahlen im Oktober 1999 erreichte die FPÖ unerwartet 27% der Wählerstimmen und belegte den zweiten Platz. Den Erfolg brachten populistische Versprechungen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und den Sozialbereich zu reformieren, sowie der Vorwurf „einer gleichgültigen und ungerechten Einstellung gegenüber Österreichern“ in Richtung der Gegner. Das Ergebnis schockierte ganz Europa, und Österreich wurde ein gesamteuropäischer Boykott erklärt; Israel zog seinen Botschafter aus Wien zurück. Drei Monate nach den Wahlen verließ Haider offiziell den Posten des FPÖ-Obmanns, um die Kritik der Partei zu neutralisieren, allerdings blieb er ihr informeller Führer.
Das Wahlergebnis der FPÖ bei den Parlamentswahlen 2002 war vernichtend – 10%. Seit 2005 steht Heinz-Christian Strache, „Jünger“ und Anhänger von Haider, geboren 1969, in jungen Jahren Mitglied der ultrarechten Organisation „Vandalia“ an der Spitze der Partei. Die Präambel zum FPÖ-Programm beginnt mit der traditionellen deutschen Behauptung „Österreich über alles!“
Im Juni 2015 schloss sich die FPÖ der Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ des EU-Parlaments an, in der sich die ultrarechten Parteien vereinten.
Im zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen im Mai 2016 bekam der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer 46,2% der Stimmen, nur 4 Prozentpunkte weniger als der unabhängige Kandidat Alexander Van der Bellen (50,4%). Die FPÖ erhob Rechtsmittel gegen das Wahlergebnis und bei einer erneuten Stimmenabgabe im Dezember konnte Van der Bellen sein Ergebnis auf 53,7% verbessern.
Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen bekam die FPÖ 26% der Stimmen, errang den dritten Platz und trat in eine Koalition mit der konservativen Volkspartei ein: Strache wurde Vizekanzler und Sportminister im Kabinett des Bundeskanzlers Sebastian Kurz.
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