PANDEMIE DER ANGST

PANDEMIE DER ANGST

Der nationale Charakter manifestiert sich immer. Nicht nur in normalen Friedenszeiten, sondern auch in Tagen schwerer Krisen. Wie zum Beispiel heute. Natürlich ist es möglich, das, was geschieht, unterschiedlich zu behandeln, verschiedene Ursachen des Virus zu benennen und seine Gefahr unterschiedlich einzuschätzen. Aber es sind Bedingungen entstanden, die in keiner Weise ignoriert werden können und nur sehr schwer zu umgehen sind.

Die erste davon ist die Spirale der Angst, die sich entwickelt. Alle Massenmedien, vom Fernsehen bis zu den Zeitungen, reden und schreiben nur über eine Sache – über das Virus. Hunderte von Virologen und Ärzten äußern Hunderte von Meinungen, von denen keine die einzig richtige ist. Weil niemand etwas weiß oder versteht. Aber eine totale elektronische Überwachung von Personen und Autos ist bereits in Kraft. Die künstliche Intelligenz gibt  bereits genaue Informationen darüber, wer, wann das Haus verlassen hat und wie lange er trotz der Verbote auf der Straße geblieben ist. Smartphones und iPhones, über deren Möglichkeiten wir erst vor kurzem so glücklich waren, sind unsere Wärter geworden. Ich kann nicht glauben, dass diese hochmodernen elektronische Fähigkeiten in wenigen Tagen durch den Coronavirus geschaffen wurden. Es ist also alles schon vor langer Zeit entwickelt worden. Und jetzt gibt es einen Anlass. Ich erinnere mich sofort an die Antwort von Präsident Barack Obama, als man ihm vorwarf, die Verhandlungen von Angela Merkel belauscht zu haben. Er antwortete: Wir tun es, weil wir solche Möglichkeiten haben. Die Antwort ist bemerkenswert und negiert die Ethik der internationalen Beziehungen vollständig. Heute stellt sich heraus, dass nicht nur diese, sondern es noch viel mehr weitere Gelegenheiten gibt.  Ich vermute, dass diese Möglichkeiten auch nach dem Ende der Quarantäne aktiv genutzt werden. Der wissenschaftliche und technische Fortschritt, welcher der Ethik der menschlichen Beziehungen weit voraus ist, wird zum Feind des Menschen. Und Angst ist ein großartiges Mittel, um Menschen zu kontrollieren.

Aber ein Mensch kann nicht lange in Angst leben. Er gewöhnt sich daran. Er beginnt, die Gefahr zu ignorieren und sucht nach Wegen, um Hemmungen zu umgehen. Vor allem in Russland. Wie man weiß, wurde in Russland die Strenge der Gesetze immer durch ihre Nichteinhaltung kompensiert. Und zweitens werden durch den natürlichen Sinn für Humor und eine Art Unternehmungsgeist all die Ängste negiert, die die Menschen vor den Fernsehbildschirmen überfallen.

Als sie erfuhr, dass es möglich ist, mit Hunden spazieren zu gehen, begann eine meiner Bekannten, ihren Hund an alle Nachbarn zu vermieten. Der arme Hund geht jetzt zwanzig Mal am Tag spazieren. In Wohnungen unter mir hat die Situation völlig unvorhersehbare Folgen gehabt. Vor kurzem gab es dort einen tödlichen Vorfall. Aber nicht vom Coronavirus. Nur eine Ehefrau, die noch nie so lange mit ihrem Mann in einer Wohnung war, bevor sie ihn jetzt erwürgte. Und auf die Frage, warum sie es getan hat, antwortete sie: Als wir heirateten, haben wir geschworen, bis zu unserem Tod zusammenzuleben. Aber wir haben nicht geschworen, einen Monat lang zusammenzuleben.

Viele Ehepartner lernen sich neu kennen, weil sie noch nie so lange zusammen unter einem Dach waren. Und gleichzeitig lernen sie ihre Kinder kennen. Es wird bereits gesagt, dass Eltern, wenn Schulen für längere Zeit geschlossen sind, schneller einen Coronavirus-Impfstoff finden als die Wissenschaftler.

Auf dem Hof traf ich eine alte Dame, die auf dem Weg zum Lebensmittelgeschäft war. Und sofort erinnerte ich mich an einen weiteren Witz aus der Kategorie des schwarzen Humors: Das Familienmitglied, um das es nicht schade ist, geht in die Geschäfte. Aber diese alte Dame entpuppte sich als Philosophin.

– Ich wusste schon lange, dass dies geschehen würde“, sagte sie mir.

– Was wird geschehen?

– Die Invasion der Außerirdischen. Sie sind es.

Es würde mich nicht mehr überraschen. Vielleicht sind es wirklich die Außerirdischen, die eingedrungen sind.

Jefim Berschin.  

Übersetzung: Kai Ehlers

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